BERLINER MORGENPOST: Ohne Männer geht es einfach nicht – Leitartikel von Beatrix Fricke

Jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit schalte ich
mein Autoradio ein, um mich auf den neuesten Stand zu bringen. Wenn
es um Nachrichten und die schlimmsten Staus geht, werde ich meist
auch ganz gut bedient. Bei den sogenannten unterhaltsamen Beiträgen
bröselt allerdings nicht selten der Staub aus den Lautsprechern.
Gestern zum Beispiel, als „Geschlechterexperte“ Hauke Brost zur
Erklärung anhob, warum Männer beim Einkaufen so schnell ungeduldig
werden. Der Mann als solcher shoppe einfach nicht gern, erklärte der
Autor, während für die Frau das Einkaufen ein „sinnliches Erlebnis“
sei. Sein Rat: Frauen sollten lieber allein einkaufen – und den Mann
erst hinzuholen, wenn er seine Kreditkarte zücken muss. Bei den
Moderatoren sorgte der klischeehafte Beitrag für Gelächter, bei mir
für Augenrollen. Ganz ehrlich: Frauen brauchen keinen Mann zum
Bezahlen. Das erledigen wir selbst – mit Stolz und eigener Karte.
Dass es – zumindest vielen von uns in der westlichen Welt – so geht,
haben wir nicht zuletzt den vielen Frauenrechtlerinnen zu verdanken.
Auch den mutigen Vorkämpferinnen, die vor mehr als 100 Jahren den
Frauentag ins Leben riefen, der heute international gefeiert wird.
Allerdings geht es an diesem Tag gar nicht so sehr ums Feiern. Es
geht um das, was noch getan werden muss, damit Frauen weltweit
geachtet werden und die verdiente Gleichstellung erhalten. Sei es
politisch, sozial oder ökonomisch. Und da gibt es auch in Deutschland
noch einiges zu wuppen, etwa beim Thema Lohngerechtigkeit oder
angesichts des Mangels an weiblichen Führungskräften. Doch anders als
an der Ladentheke, wo die Frau durchaus ihren Mann stehen kann,
können Fortschritte bei der Gleichberechtigung im Arbeits- und
Familienleben nicht ohne die Unterstützung des (Achtung Klischee!)
starken Geschlechts stattfinden. Und hier liegt die Pointe: Die
Männer müssen mitziehen, damit es keine ungleichen Löhne für gleiche
Arbeit mehr gibt. Damit eine Frauenquote eingeführt wird, die
talentierten weiblichen Mitarbeitern den Weg in die Chefetagen ebnet
(und erwiesenermaßen den Unternehmen und der gesamten Wirtschaft
zugutekommt). Damit Mütter genauso wie Väter arbeiten gehen können,
ohne dass die Kinder darunter leiden, der Haushalt zusammenbricht –
oder die Mutter selbst unter ihrer kräftezehrenden Mehrfachbelastung.
Es kommt nicht von ungefähr, dass der Traummann von heute praktische
Eigenschaften aufweisen soll. Jede zweite Frau möchte, dass ihr
Partner im Haushalt mithilft, heißt es in einer Umfrage, die der
Hausgerätehersteller Electrolux zum Frauentag in Auftrag gegeben hat.
Damit sind seine Qualitäten als Hausmann deutlich wichtiger als Geld
und Optik. Männer sollten hier die ganz praktischen Aspekte sehen:
Den Abwasch zu erledigen oder die Betten zu beziehen kostet nichts –
anders als die Geschenke, die das eigene schlechte Gewissen und die
Frau beruhigen sollen. Zudem sorgen solche Initiativen garantiert für
nachhaltigere Zufriedenheit der Liebsten und der Familie.
Geschlechtermacken-Experte Brost will heute im Radio übrigens darüber
referieren, warum Frauen ihre Leistungen vor anderen gern schmälern,
während Männer übertreiben. Ich bin gespannt.

Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Chef vom Dienst

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de