DER STANDARD-KOMMENTAR „Das Ende einer Führerpartei“ von Elisabeth Steiner

Es war ein Bild der blanken Hilflosigkeit. Der
designierte FPK-Chef Christian Ragger musste eingestehen, dass es ihm
nach unzähligen Versuchen nicht gelungen ist, den scheidenden
Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Noch-Landesrat Harald Dobernig und
einen weiteren Abgeordneten zum Verzicht auf ihre Direktmandate zu
bewegen. Die drei werden voraussichtlich also als „wilde“ Abgeordnete
im Kärntner Landtag sitzen. Dörfler hat damit der Partei, für die er
noch als Spitzenkandidat in die Wahl gegangen ist, demonstrativ den
Rücken gekehrt.
Zu groß dürfte der Frust darüber gewesen sein, die Folgen des
Wahldebakels vom 3.März ausbaden zu sollen. Denn das hatte die Regie
des zurückgetretenen FPK-Chefs Kurt Scheuch so vorgesehen. Ragger
sollte als dessen Vertrauensmann die Partei „erneuern“ und das
Brüderpaar vom Sternhof, Kurt und Uwe Scheuch, im Hintergrund auch
weiterhin die Parteifäden ziehen – inklusive Wiedervereinigung mit
der Bundes-FPÖ von Heinz-Christian Strache.
Diese Strategie ist gescheitert – wie schon zuvor im Wahlkampf, als
sich Dörfler als jovialer Landesvater vor den ungeliebten Parteichef
Scheuch stellte. Die Folgen sind desaströs: Die vom Wähler verjagte
machttrunkene Landeshauptmann-Partei schrumpfte erst von 17 auf sechs
und durch das Sesselkleber-Triumvirat nochmals auf bloße drei
Landtagssitze zusammen. Zu wenige, um einen Klub zu bilden, und mit
dramatischer Wirkung: Die Klubförderung ist weg, die Klubräume
ebenso, und die Besetzung des einzig verbliebenen
FPK-Regierungssitzes bleibt bis auf weiteres ungewiss. Noch nicht
einmal zum Parteiausschluss von Dörfler & Co konnte sich der
FPK-Vorstand durchringen. Das schob man dem angekündigten
Landesparteitag zu.
Parteiausschluss oder nicht: die Folgen laufen auf dasselbe hinaus.
Die Kärntner Freiheitlichen, von Jörg Haider einst im Land und dann
im Bund zu Einfluss und Macht geführt, zerbröseln unter der Hand. Der
letzte Akt, nachdem die freiheitliche Sonne vom Kärntner Himmel fiel,
nimmt seinen Lauf: Haiders blaue Erben in Kärnten zerfleischen sich
selbst.
Dem Treiben kann auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nur ohnmächtig
zuschauen. Denn ebenso wie Dörfler, Dobernig und Hannes Anton dem
designierten Chef der Kärntner Schwesterpartei, Ragger, die
Gefolgschaft verweigern, pfeifen sie auch auf Strache, der ebenfalls
ihren sofortigen politischen Rückzug verlangt. Weil Dörfler offenbar
absolut nicht zu gehen gewillt ist, schießt sich Strache jetzt auf
den schwächeren Harald Dobernig ein – in der Hoffnung, dass
wenigstens dieser einknickt.
Dass nach dem Wahldebakel die Wahl auf Ragger als verbleibendes
Regierungsmitglied fiel, ist nur logisch. Er scheint vorerst noch
nicht vom Kärntner Korruptionssumpf angepatzt und hat auch noch nicht
wie Dörfler und Dobernig mit möglichen baldigen Anklagen zu rechnen.
Will Strache jetzt nicht selbst vom Trümmerhaufen FPK massiv
beschädigt werden – und zum Teil ist er das ja schon -, muss er sich
schleunigst der Kärntner Schwesterpartei entledigen und die Kärntner
Blauen sich selbst überlassen.
Viereinhalb Jahre nach seinem Tod ist Haiders Erbe in vier Teile
zerfallen: FPÖ, FPK, BZÖ und die Dörfler-Truppe. Das ist das Ende
einer Führerpartei, die einmal ganz auf einen einzigen Heilsbringer
zugeschnitten war.

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