Die Erwartungshaltung ist nicht sehr ausgeprägt, und
die To-do-Liste der Regierung ist durchaus überblickbar. Das bringt
die Koalition in die bequeme Position, bei ihrer Klausur zum Ende der
Woche gar nicht erst scheitern zu können. Ein knappes Jahr vor der
Nationalratswahl erwartet niemand ernsthaft, dass die Regierung
plötzlich Reformeifer entdeckt und zum finalen Sprint ansetzt. Die
Bewegungsfreiheit von Kanzler Werner Faymann und seinem Vize Michael
Spindelegger ist angesichts des herandräuenden Wahlkampfs
einigermaßen eingeschränkt. Dennoch darf man ein paar
Mindestanforderungen voraussetzen: Beispiel Studiengebühren. Die SPÖ
ist nicht bereit, sich mit diesem Thema inhaltlich
auseinanderzusetzen. Dennoch muss bei der Klausur eine Lösung des
jetzigen Dilemmas präsentiert werden. Die Universitäten agieren im
rechtsfreien Raum. Manche Unis, acht von 21, heben Studiengebühren im
Rahmen ihrer Autonomie ein, andere nicht. Zu einer gesetzlichen
Regelung konnte sich die Regierung noch nicht durchringen, die
derzeitige Praxis der „wilden“ Einhebung aber auch nicht rechtens
sein, das hat der Verfassungsgerichtshof bereits durchblicken lassen.
Ob einer Studiengebühren zahlt oder nicht, orientiert sich nicht nach
seinen Möglichkeiten. Das Kind reicher Eltern zahlt so viel wie das
Kind armer Eltern: in der Regel nämlich nichts. Das ist weit davon
entfernt, gerecht zu sein, dennoch hat sich die SPÖ festgelegt: Sie
sagt Nein zu allgemeinen Studiengebühren. Das hat sie jetzt so lange
und so oft gesagt, dass der Kanzler gar nicht mehr darüber nachdenken
mag, nicht ein Jahr vor der Wahl, und daher lieber weiterhin Nein
sagt. Die Einhebung von Studiengebühren wird daher nicht neu
geregelt, auch wenn dies sinnvoll wäre, es wird lediglich die alte
Regelung so notdürftig repariert, dass sie vor dem Höchstgericht
hält. Ob gerecht oder sozial oder nicht: Mit diesem Thema wird sich
eine andere Regierung auseinandersetzen müssen. Diese Regierung
setzt auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, da kann sie nicht viel
Lob in Anspruch nehmen. Das leitet zu einem anderen Thema über, zu
dem der Leistung und deren Bezahlung. Nach vier Nulllohnrunden will
sich die Politik wieder eine dezente Gehaltserhöhung gönnen. Plus 2,8
sieht das Bezügegesetz vor, 1,8 Prozent reichen auch, meinen Faymann
und Spindelegger. FPÖ und BZÖ sind dagegen, sie fordern angesichts
der allgemeinen Sparmaßnahmen eine neuerliche Nulllohnrunde. Üble
Populisten! „Die Arbeit ist wertvoll“, sagt Faymann dazu. Und sie
soll daher entsprechend bezahlt werden. Der Wiener Bürgermeister
Michael Häupl, der immer wieder auch gerne den eigenen Leuten in den
Rücken fällt, sieht das anders. Er forderte jetzt eine weitere
Nulllohnrunde. Ist Häupl jetzt auch ein Populist? Der Kanzler
schweigt dazu. Dabei ist die Antwort einfach. Ja, Michael Häupl ist
ein Populist. Auch diese Regierung, auch diese Abgeordneten, auch
diese und dieser Bürgermeister verdienen eine Gehaltserhöhung. Es
müssen keine 2,8 Prozent sein, es reichen auch 1,8. Politiker zu sein
ist ein Beruf, kein Beruf wie jeder andere, aber auch diese
Berufsgruppe hat Anspruch auf adäquate Bezahlung und verdient von
Zeit zu Zeit eine Anpassung. Dann wird man sich wenigstens wünschen
dürfen, dass bei der Regierungsklausur am Freitag mehr herauskommt
als faule Kompromisse und notdürftiges Flickwerk.
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Der Standard
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