Sicher, es ist nicht einfach, bei einem
personalisierten Verhältniswahlrecht wie dem deutschen ein
mathematisch korrektes Verfahren zu finden. Doch möglich ist es
allemal. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil 2008 drei
Ansätze aufgezeigt – dazu müssten die Parteien aber ihr föderales
Proporzdenken hintenanstellen. Keine leichte Aufgabe, in dem so fein
austarierten System aus Landesverbänden und Pöstchenverteilung.
Noch weit mehr Kopfzerbrechen bereiten die Überhangmandate – sie
entstehen, wenn es mehr Direktkandidaten ins Parlament schaffen als
über die Erststimme Sitze vorhanden sind. Bei der vergangenen Wahl
kamen vor allem CDU und CSU in den Genuss der Extra-Abgeordneten,
aber auch die SPD hat schon profitiert. Kurz: Überhangmandate nutzen
besonders den großen Parteien. Und sie sind ungerecht. Bei fünf
Parteien im Parlament genügen einem Wahlkreiskandidaten 21 Prozent
der Stimmen, um in den Bundestag einzuziehen und im extremsten Fall
den Erststimmen-Anteil durch das „negative Stimmgewicht“ ad absurdum
zu führen. So sitzen reihenweise „Wahlkreisgewinner“ im Parlament,
die nicht einmal annähernd mehrheitsfähig sind. Der Wählerwille wird
ins Gegenteil verkehrt.
Kein Wunder, dass nicht nur SPD und Grüne, sondern auch rund 3000
Bürger in Karlsruhe Beschwerde eingelegt haben. Dabei hätte dies
nicht sein müssen. Besser wäre es gewesen, unsere Volksvertreter
hätten sich als lupenreine Demokraten gezeigt und in einem
parteiübergreifenden Konsens ein valides Wahlrecht vereinbart.
Stattdessen haben sie sich entschieden, auf den Grundpfeilern unserer
Demokratie taktische Pirouetten zu vollführen. Schade.
Pressekontakt:
Frankfurter Neue Presse
Chef vom Dienst
Peter Schmitt
Telefon: 069-7501 4407