FT: Kommentar von Anette Asmussen: Doppelte Botschaft – Studie meldet immer mehr psychisch Kranke

Doppelte Botschaft – Studie meldet immer mehr
psychisch Kranke

von Anette Asmussen

Die Zahlen sind erschreckend: Immer mehr Menschen leiden an
Depressionen und psychischen Problemen. Seit 1990 habe sich ihr
Anteil an den Krankenhausbehandlungen insgesamt mehr als verdoppelt,
meldet die Barmer GEK. Und eine US-Studie, an der die Universität
Leipzig beteiligt war, stellt fest, dass weltweit 121 Millionen
Patienten von Depressionen betroffen sind.

Doch hinter dieser schlechten Botschaft steckt auch eine gute: Die
Erkenntnis, dass die Depression eine Krankheit ist,für die sich
niemand schämen muss, ist in der Gesellschaft angekommen. Es wird
darüber gesprochen, dass psychische Leiden schlimmer sein können als
körperliche. Viele Betroffene lassen sich in Kliniken aufnehmen und
bekommen endlich Hilfe. Immer mehr Prominente verstecken ihre Not
nicht mehr, sondern geben dem Thema ein – oft sympathisches –
Gesicht.

Diese Offenheit hilft Betroffenen, sich selbst zu verstehen, sich
eigene Schwächen zu verzeihen und den Weg aus der Krankheit zu suchen
– mit einem Klinikaufenthalt oder mit einer ambulanten Therapie.

Leicht ist es trotzdem nicht, denn für den Weg aus der Krankheit
braucht es viel Verständnis – im sozialen Umfeld, das akzeptieren
muss, dass der Familienangehörige, der Partner, Kollege oder Freund,
der plötzlich nicht mehr „funktioniert“, nicht böse, feige oder
arbeitsscheu, sondern wirklich krank ist. Und Verständnis braucht
auch der Patient, der lernen muss, dass er in seiner Krankheit nicht
nur Opfer widriger Umstände ist. Trotz aller äußerer Bedingungen –
und seien sie noch so schlecht – bleibt er ein Mensch, der die
Verantwortung für sich selbst und sein Schicksal in der eigenen Hand
hat. Gesund wird nur, wer es auch wirklich will. Wer flüchtet, hat
keine Chance. Vor diesem Hintergrund macht es betroffen, dass als
häufigster Einweisungsgrund die Diagnose „Psychische
Verhaltensstörung durch Alkohol“ genannt wird.

Pressekontakt:
Flensburger Tageblatt
Anette Asmussen
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