FT: Kommentar zu Leistungen für Asylbewerber

Der richterliche Verweis auf das
unterschiedliche Niveau von Hartz-IV- und Asylbewerber-Zahlungen ist
einerseits berechtigt. Für beide Personengruppen sollen die
Leistungen wirtschaftliche und soziale Grundbedürfnisse sichern. Fast
zwei Jahrzehnte lang wurden sie trotz Preissteigerungen für
Flüchtlinge und Asylbewerber nicht erhöht. Andererseits übt der
Vergleich des Lebensstandards in Ländern der Dritten Welt mit
deutschen Sozialleistungen eine Anziehungskraft aus, die Missbrauch
begünstigt. Manch hart arbeitender Facharbeiter in Afrika kann vom
deutschen Hartz-IV-Standard nur träumen. So demütigend die
Minimalleistungen für Menschen sind, die politisch verfolgt wurden,
in vielen Fällen körperlich gelitten haben und hier begründet
Zuflucht suchen, darf kein Anreiz zur Masseneinwanderung in unsere
Sozialsysteme gegeben werden – zumal selbst im EU-Vergleich
Deutschlands Sozialleistungen großzügig bemessen sind. Politisch
Verfolgte können angesichts der räumlich und finanziell begrenzten
Möglichkeiten unseres Landes nur dann Hilfe finden, wenn das
Asylrecht auf sie konzentriert wird. Die Gratwanderung zwischen
rechtsstaatlicher Grundsatztreue und Einsicht in die Realität des
Armutsgefälles der Welt ist schwer zu bewältigen. Ob es denn
Politikern immer gelingt, kann man durchaus bezweifeln. Doch ist auch
den Karlsruher Richtern eine Güterabwägung zwischen
Verfassungsprinzipien und sozialstaatlicher Wirklichkeit zuzumuten.
Manches Urteil vom obersten Gericht wirkte in den letzten Monaten
recht theoretisch. Dem Alltag in deutschen Kommunen muss Karlsruhe in
seinem Urteil zur Höhe der Sozialleistungen auch gerecht werden.

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