Vielleicht war es der größenwahnsinnige Wunsch,
Ägypten länger als der große Pharao Ramses II. zu regieren, der Husni
Mubarak so lange und beharrlich an seinem Amt kleben ließ. Vielleicht
war es auch Altersstarrsinn, gepaart mit Realitätsverweigerung, unter
der Despoten häufig leiden. Doch am Ende erkannte auch der
82-Jährige, dass Ramses eine Nummer zu groß für ihn gewesen wäre. Der
bedeutendste Herrscher des alten Ägyptens regierte vor drei
Jahrtausenden 66 Jahre lang und führte das Reich am Nil zu bis dahin
ungekannter kultureller und wirtschaftlicher Blüte. Mubarak trat nach
29 Jahren und vier Monaten ab – und hinterlässt seinen Nachfolgern
ein Land, das jenseits der monumentalen Pyramiden und sonnigen
Strände am Roten Meer abgewirtschaftet, ausgebeutet und verdörrt ist.
Auf dem stumpfen, wüstigen Boden gediehen in den vergangenen drei
Jahrzehnten Armut, soziale Probleme und Islamismus, während Mubarak
ein Milliarden-Vermögen anhäufte. Und der Westen schaute weg.
Dass sich der Präsident so lange gegen den Machtverlust aufbäumte,
war zweifellos auch Folge zweier massiver Fehleinschätzungen, was das
Verhalten seiner innen- und außenpolitischen Verbündeten angeht:
Glaubte Mubarak zunächst, den Protest der Straße mit Panzern
niederschlagen zu können, musste er mit ansehen, dass sich seine
Armee lethargisch verhielt – und die Demonstranten gewähren ließ.
Darüber hinaus wurde er vom Verhalten der USA und der Staaten Europas
überrascht, die sich auf die Seite des Volkes schlugen. Immerhin war
Mubarak, der die gefährliche Muslimbruderschaft in Schach hielt und
nicht am Frieden mit Israel rüttelte, 30 Jahre lang für den Westen
ein Garant der Stabilität in der Region. Menschenrechtsverletzungen,
Folter-Gefängnisse und eine Kultur der Bespitzelung wurden vom
Ausland toleriert, Präsidentengattin Suzanne wurde sogar in Stuttgart
für soziales Engagement und ihren Einsatz für Frauenrechte geehrt.
Ein Paradebeispiel für die Bigotterie und Doppelzüngigkeit der
Politik. So lange Mubarak nützlich war, wurde er hofiert. Als er
strauchelte, ließ man ihn fallen.
Bei aller Freude über das Ende eines diktatorischen Regimes: Ob
ein Ägypten ohne Mubarak für den Rest der Welt ein besseres Ägypten
sein wird, ist unklar. Zu glauben, die Revolution würde den Menschen
kurzfristig Demokratie und Wohlstand bringen, ist jedenfalls absurd.
Die Zukunft ist steinig. Im Machtvakuum besteht auch die Gefahr, dass
islamistische Kräfte die Oberhand gewinnen – mit unabsehbaren Folgen
für die Region. Jetzt haben die Ägypter ihr Schicksal in der Hand.
Und der Westen schaut gebannt zu.
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