Nach den schweren Krawallen am Rande des
G20-Gipfels im Juli in Hamburg hat die Polizei nach eigenen Angaben
konkrete Anhaltspunkte, dass Teile der Ausschreitungen von
Linksautonomen gezielt geplant und organisiert wurden.
Um weitere Beweise zu sichern, führt die Sonderkommission seit dem
frühen Morgen eine bundesweite Razzia im linken Milieu durch.
Insgesamt durchsucht die Polizei dabei 24 Objekte in acht
Bundesländern, darunter Wohnräume von Privatpersonen und linke
Stadtteilzentren, unter anderem in Göttingen und Stuttgart. Die
Ermittler erhoffen sich, durch die Razzia neben gerichtsverwertbaren
Belegen für strafbare Handlungen auch neue Erkenntnisse über
Vorbereitungshandlungen zu den G20-Krawallen zu finden.
Auch der Zug eines sogenannten Schwarzen Blocks durch die
Elbchaussee mit zahlreichen brennenden Autos und Sachbeschädigungen
wurde nach NDR-Recherchen offenbar durch geheime Depots vorbereitet.
Demnach gibt es Belege für geheime Depots mit Vermummungsmaterial,
schwarzer Kleidung und Pyrotechnik, die Linksautonome systematisch am
Rande von Demonstrationsrouten angelegt haben. Solche Vorbereitung
ermöglichte es den Linksextremen offenbar, sich an den Gipfeltagen in
unauffälliger Kleidung und ohne verdächtige Gegenstände durch die
Stadt zu bewegen und dem Zugriff der Polizei immer wieder zu
entziehen.
Die Ermittler der Sonderkommission vermuten hinter den dort
aktiven Autonomen vornehmlich Täter aus dem Ausland, halten aber
deutsche Linksextreme für Logistiker und Organisatoren. Soko-Leiter
Jan Hieber sagte dem NDR, dass den Erkenntnissen der Polizei zufolge
militante Proteste von erfahrenen Leute angeführt würden, die sich
mit der Situation vor Ort auseinandersetzten. Das bedeute auch, „dass
die Hamburger Szene speziell Verantwortung getragen hat für Logistik
in allen Bereichen, das schließt durchaus auch die militanten ein“.
Die Sonderkommission geht davon aus, dass Hamburger
Linksextremisten eine Rolle bei der Anbahnung der Krawalle spielten.
Es habe eine monatelange Vorbereitung gegeben, daraus sei ein
Netzwerk gebildet worden. „Das sind Kennverhältnisse, die irgendwann
auch ein gewisses Vertrauen haben. Wir sprechen hier nicht von einer
feststrukturierten und auf Dauer vielleicht in jedem Fall angelegten
Struktur, das wäre aus meiner Sicht übertrieben. Aber es ist ein
Netzwerk, was auf Zeit geknüpft wird“, so Hieber.
„Roter Aufbau Hamburg“ im Visier
Unter anderem ermittelt die Polizei nach NDR-Informationen gegen
ein mutmaßliches Mitglied der linksextremen Gruppierung „Roter Aufbau
Hamburg“. Die Gruppe hatte mit martialischen Drohvideos Gewalt
während des G20-Gipfels angekündigt. „Mit uns gibt es
Molotowcocktails statt Sektempfang“, verkündete der „Rote Aufbau“ bei
einer Kundgebung und in sozialen Netzwerken.
Nach Ansicht der Sonderkommission „Schwarzer Block“ wird es noch
lange dauern, bis die G20-Krawalle umfassend aufgearbeitet sind.
Unter anderem werten die Ermittler riesige Mengen an Bildmaterial
aus, das mit Überwachungskameras in Bussen und Bahnen, von
Polizeibeamten aber auch von Passanten mit privaten Handykameras
aufgezeichnet wurde. Allerdings gestaltet sich die Identifizierung
vieler mutmaßlicher Gewalttäter als schwierig. Kurz vor Weihnachten
plant die Hamburger Polizei deshalb eine umfassende
Öffentlichkeitsfahndung. Sie rechnet damit, dass bis Ende des Jahres
rund 3000 Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche G20-Täter
eingeleitet werden.
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Christine Adelhardt
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