Die Grünen sehen sich beim Kampf um die politische
Mehrheit in Deutschland künftig als Hauptgegner der Union. „Die
Schlachtordnung lautet Grün gegen Schwarz“, sagte der grüne
Fraktionschef Jürgen Trittin dem Hamburger Magazin stern im Hinblick
auf die Bundestagswahl 2013. „Die CDU ist größer als wir, das ist
richtig. So was nennt man in der Wissenschaft einen asymmetrischen
Konflikt. Die Erfahrung zeigt: Den gewinnt fast immer der Kleinere.“
Mit der Verlängerung der AKW-Laufzeiten habe Bundeskanzlerin Angela
Merkel „den Grünen eine Kampfansage gemacht“, so der frühere
Umweltminister. Im Süden der Republik seien CDU beziehungsweise CSU
und FDP „eine große und eine kleine Dagegen-Partei: „Die haben den
Ausbau der Windenergie immer behindert.“ Trittins Co-Vorsitzende
Renate Künast sagte dem stern zur Auseinandersetzung mit der Union
und den veränderten politischen Gewichten: „Hier stehen sich zwei
unterschiedliche Konzepte für die Zukunft des Landes gegenüber. Das
ist ja gerade das Problem der SPD.“
Im stern-Doppelinterview mit Trittin verlangte Künast von ihrer
Partei, mit größerem Realismus auf die Chance zu reagieren, nach den
Wahlen in Baden-Württemberg und Berlin eine Regierung anführen zu
können. Zwar blieben die Grünen bei ihren inhaltlichen Aussagen.
„Aber wir müssen auch bereit sein, gesellschaftliche Kompromisse zu
schließen – und zwar mit allen Teilen der Gesellschaft. Wir sind dann
nicht mehr Mitspieler, sondern Spielführer – eine qualitativ ganz
andere Rolle“, sagte Künast. Als Konsequenz nannte sie dem stern:
„Dafür brauchen wir in unserer Partei eine neue politische Kultur.“
Für Berlin, wo Künast im Herbst Regierende Bürgermeisterin werden
will, gelte: „Keine teuren Wahlgeschenke. Nur bei Kindern wird
definitiv nicht gespart.“
Gemeinsam bemühten sich Künast und Trittin im stern-Gespräch, dem
Bild der Lustfeindlichkeit und Verbotskultur entgegenzuwirken. So
plädierten sie für mehr Gelassenheit im Umgang mit grünen Idealen.
„Wir wollen niemanden bevormunden. Wir wollen den Leuten auch nicht
die Freude am Leben nehmen“, sagte Künast dem stern. „Ich kaufe
privat zwar fast ausschließlich Bioprodukte, aber ich fliege mit dem
Flugzeug, ich fahre mit dem Auto. Soll ich deshalb in Sack und Asche
gehen?“ Trittin sagte: „Ich bin generell dagegen, den Leuten ein
schlechtes Gewissen zu machen. Die Gestaltung einer klimafreundlichen
Gesellschaft ist doch keine religiöse Frage.“
Trittin, der keinen Führerschein besitzt, outete sich im stern
sogar als gelegentlicher Discounter-Kunde: „Ich war im Sommer bei
Aldi – mit dem Fahrrad. Es gab eine Aktion mit recht guten Weinen.
Und meinen PC habe ich auch daher.“
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