Werbung über Google adwords, Facebook und Co. gehört auch für viele Pflegedienste bereits zum Alltag. Handwerker und auch Pflegekräfte sind zur Zeit nur schwer zu bekommen; da werden nicht nur in Grenzregionen ausländische Unternehmen beauftragt. Mit Angabe der deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auftraggebers stellt der Auftragnehmer die Rechnung ohne Umsatzsteuer aus – günstig?
Was heißt eigentlich Reverse Charge oder „Übergang der Steuerschuld auf den Auftragnehmer“?
Die oben genannten Leistungen sind jeweils sonstige Leistungen eines ausländischen Unternehmens. Nach § 13 b Abs. 2 Nr. 1 UStG geht für diese Leistungen die Steuerschuld für die Umsatzsteuer auf den Leistungsempfänger über – Reverse Charge.
Da viele Pflegeeinrichtungen und Unternehmen im Gesundheitswesen fast ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 und 16 UStG erzielen, können sie die ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend machen. Für die verbleibenden Umsätze sind sie häufig Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG und geben keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab.
Leistung wird teurer
Aufgrund des Reverse-Charge-Verfahrens geht die Steuerschuld auf die Pflegeeinrichtung über, und die Umsatzsteuer auf den Einkauf ist an das Finanzamt abzuführen. Die vermeintlich günstige Leistung wird damit 19% teurer.
Ebenso verhält es sich mit sog. innergemeinschaftlichen Erwerben (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG). Hierbei wird Ware aus dem EU-Ausland an Unternehmer in Deutschland geliefert. Auch hier wird in der Rechnung (bei Angabe der deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer) keine Umsatzsteuer ausgewiesen und auch hier ist die Umsatzsteuer durch den Abnehmer an das Finanzamt abzuführen – der Einkauf wird ebenfalls teurer.
Die Tücke lauert nun häufig darin, dass Unternehmen der Gesundheitsbranche als Kleinunternehmer keine Umsatzsteuervoranmeldungen und evtl. auch Umsatzsteuer-Jahreserklärungen abgeben haben.
Die Umsatzsteuer entsteht jedoch mit Ausstellung der Rechnung, spätestens mit Ablauf des der Aus- führung der Leistung folgenden Kalendermonats. Eine formal„korrekte“ Rechnung ist nicht erforderlich. Nach § 18 Abs. 4a UStG sind Voranmeldungen abzugeben, auch wenn darin nur die Leistungen nach § 13b UStG oder innergemeinschaftliche Erwerbe zu melden sind. Voranmeldungszeitraum ist in der Regel ein Quartal. Umsatzsteuer-Jahreserklärungen sind grundsätzlich abzugeben, auch wenn diese Jahreser- klärungen in der Vergangenheit evtl. nicht von den Finanzämtern angefordert worden sind.
Erfolgt die unterjährige Umsatzsteuervoranmeldung nicht, liegt eine ggf. Umsatzsteuer-Verkürzung vor, da die Vorsteuer nicht gegen gerechnet werden kann. Über mehrere Jahre gesehen kann dies im Rahmen einer Betriebsprüfung zu erheblichen Steuernachzahlungen führen.
Tipp:
Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter in der Buchhaltung und richten Sie entsprechende Konten ein.
Erstellen Sie regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuer-Jahresmeldungen.
Prüfen Sie die Vorjahre, ob hier evtl. noch Nachmeldungen erforderlich sind.
Die Eintragung in der Umsatzsteuervoranmeldung 2017 erfolgt für
– Sonstige Leistungen eines ausländischen Unternehmens (§13b UStG) in Zeile 52 / Feld 53
– Innergemeinschaftliche Erwerbe in Zeile 33 bzw. 34 / Feld 89 bzw. 93.