Der päpstliche Nuntius (Botschafter) in Deutschland,
Erzbischof Jean-Claude Périsset, sieht die „Vatileaks“-Affäre im
Vatikan als Erschwernis der diplomatischen Arbeit. „Schlimm daran
ist, dass man selbst in unseren engsten Kreisen kein Vertrauen mehr
haben kann. Als Nuntius werde ich mir noch genauer überlegen müssen,
was ich zu Papier bringe“, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“
(Mittwoch-Ausgabe). Die Weitergabe und Veröffentlichung vertraulicher
Schriftstücke aus dem direkten Umfeld des Papstes erstaunten ihn
nicht sonderlich, so der 73-Jährige. „Wo Menschen sind, da menschelt
es.“
Der Apostolische Nuntius bestritt eine persönliche Intervention
Papst Benedikts XVI. nach der Kritik von Bundeskanzlerin Angela
Merkel an der Rücknahme der Exkommunikation für den Holocaust-Leugner
Richard Williamson im Jahr 2009. In einem der durch „Vatileaks“
bekannt gewordenen Schriftstücke ist von einer persönlichen
Verärgerung des Papstes über Périsset die Rede. Dieser entgegnete:
„Ich habe davon nur aus den Berichten über –Vatileaks– erfahren.
Demnach soll der Papst mich gefragt haben, warum ich nicht gegen die
Worte der Kanzlerin protestiert hätte. Es gab aber keine solche Frage
und auch keine Anweisung zu einem Protest.“ Périsset zeigte
Verständnis für Merkels damalige Kritik am Papst: Die Beziehungen
zwischen Christen und Juden für die Regierung und die Gesellschaft in
Deutschland seien „immer ein besonders heikles Thema“. Er habe der
Kanzlerin in milder Form die Haltung des Heiligen Stuhls erklärt.
„Was damals kaum zur Kenntnis genommen wurde: Die Kanzlerin hat den
Papst wenige Tage nach ihren kritischen Äußerungen persönlich
angerufen und sich entschuldigt. Also, was war am Ende besser? Eine
scharfe Protestnote, die Druck ausüben soll – oder die sorgsame
Erklärung des Sachverhalts, die zu einer positiven Reaktion führt?“,
so Périsset.
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