Jeder kann momentan ganz leicht feststellen, ob
seine Kommune noch einigermaßen handlungsfähig ist oder nicht – es
genügt der Blick auf die Straßen. Wo wenigstens ein paar Schlaglöcher
beseitigt werden, ist der Spardruck offensichtlich noch nicht ganz so
immens. Gleichwohl gilt: Auf die Bürger rast eine Lawine zu. Es wird
Gebührenerhöhungen auf breiter Front geben, in zahlreichen Städten
müssen Bibliotheken oder Theater geschlossen werden; vom Zustand
vieler Schulen ganz zu schweigen. Trotz des wirtschaftlichen
Aufschwungs waren die Kommunen noch nie so arm dran wie jetzt. Nun
sind die Horrorszenarien von sterbenden Städten nichts Neues. Seit
Jahren klagen sie über ihre Situation. Es gibt sogar Gemeinden, die
selbst in gedeihlichen Wirtschaftsphasen keine guten Zeiten erlebt
haben, während es anderen dann doch gelang, durch kluge
Konsolidierungskonzepte Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften. Das
Problem der Kommunen ist freilich nicht das fehlende Geld, sondern:
Die Ausgaben haben sich dramatisch verlagert. Immer mehr Mittel
müssen vor allem für soziale Leistungen aufgebracht werden. Dadurch
wird der Spielraum deutlich kleiner, in die Infrastruktur zu
investieren. Der Frust bei den Bürgern über die in der Folge
schlechter werdenden Verhältnisse in der eigenen Stadt ist
verständlich. Aber es wäre falsch, ihn nur bei den Verantwortlichen
in den Rathäusern abzuladen. Auch wenn es genügend Gemeinden gibt,
die in der Vergangenheit mitunter ohne Sinn und Verstand investiert
haben, ist doch die Faustregel: Was die Politik in Berlin beschließt,
muss meist der Kämmerer vor Ort bezahlen. Das heißt, am kommunalen
Finanzdesaster tragen der Bund und die Länder eine erhebliche, wenn
nicht gar die größte Schuld, weil beide Ebenen vieles – auch an
Versprechungen – einfach nach unten delegiert haben. Jeder Bürger
sollte daher auch die Bundesparteien daran messen, wie ernst sie in
den nächsten Monaten die desolate Lage der Städte nehmen. Zum Glück
scheint sich bereits herumzusprechen, dass mit Menschen in ruinierten
Gemeinwesen keine Wahl zu gewinnen ist. Auch diese Erkenntnis steckt
ja hinter dem Vorhaben, dass der Bund die Ausgaben für die soziale
Grundsicherung im Alter übernehmen will. Allein bis 2015 ist das eine
Entlastung von zwölf Milliarden Euro. Darüber hinaus gilt: Die von
der Koalition nun angestrebte Neuordnung der kommunalen Finanzen muss
sich ganz klar an den Bedürfnissen der Städte orientieren und nicht
primär an ideologischen Vorstellungen innerhalb der schwarz-gelben
Koalition. Im Moment hat man aber noch genau den gegenteiligen
Eindruck.
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