Lausitzer Rundschau: FDP liefert sich einen heftigen Richtungsstreit / Schweigen wäre besser / Von Hagen Strauß

Eigentlich hätte die FDP ein paar Gründe, leicht
optimistischer in die Zukunft zu blicken. So sind die Umfragewerte
auf Bundesebene mit anhaltend vier Prozent nicht mehr ganz so
miserabel wie noch vor Wochen. Und in Schleswig-Holstein und
Nordrhein-Westfalen verfügt die Partei mit Wolfgang Kubicki sowie
Christian Lindner über zwei Spitzenkandidaten, die durchaus das
Potenzial haben, bei den Landtagswahlen im Mai einen Coup mit
Signalwirkung zu landen: den Wiedereinzug der FDP in beide
Parlamente. Insofern ist es reichlich unverständlich, dass
ausgerechnet Parteichef Philipp Rösler jetzt mit seiner
Westerwelle-Kritik eine Debatte neu anstößt, die rückwärtsgewandt und
damit wenig hilfreich ist. Und die in der FDP die innerparteilichen
Gräben massiv vergrößert. Belegt wird dies durch den Umstand, dass
sich nun auch ein Mann wie Entwicklungsminister Dirk Niebel aus der
Deckung wagt, der sich bisher aus den internen Querelen lieber
rausgehalten hat. Er war Generalsekretär unter Parteichef
Westerwelle, gerade er hat die enge, thematische Ausrichtung der FDP
vor der Bundestagswahl 2009 auf Steuersenkungen zu verantworten
gehabt. Röslers Frontalangriff aus Westerwelle ist somit auch einer
auf Niebel. Schweigen wäre besser gewesen. Jetzt hat Rösler mit
seinen Einlassungen das Chaos in der Partei noch verstärkt. Das
schadet den Wahlkämpfern. Die Wahrheit ist zudem, dass die FDP die
Fehler nicht vor, sondern vor allem nach der Bundestagswahl gemacht
hat. Wenn Rösler obendrein nun auch noch für sich verbucht, die FDP
neu ausgerichtet zu haben, so mag das vielleicht auf dem Papier so
sein. Beim Wähler sind die Rösler–schen Inhalte noch lange nicht
angekommen. Der Bundesparteitag der FDP in zwei Wochen dürfte
jedenfalls turbulent werden.

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