Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt Nein; CSU-Chef
Horst Seehofer sagt Ja. Der FDP-Vorsitzende und Wirtschaftsminister
Philipp Rösler ist dagegen, die liberale Vize-Chefin Birgit Homburger
dafür. Und Verkehrsminister Peter Ramsauer laviert und wird nicht
müde zu betonen, dass es in Sachen Einführung einer Pkw-Maut keine
Denkverbote geben darf. Selten wurde in Deutschland um ein Vorhaben
ein solcher Eiertanz vollführt wie um die Pkw-Maut auf Autobahnen.
Aus Angst vor verärgerten Autofahrern. Doch der Wind dreht sich
erheblich. Dass weitaus mehr Fürsprecher als Gegner sich jetzt aus
der Deckung wagen und dass die Debatte um die Gebühr nicht mehr nur
ein klassisches Sommerlochthema ist, sondern schon seit Längerem
immer wieder neu geführt wird, belegt: Der Druck auf die notorischen
Neinsager in den Reihen der Regierung wächst. Mehr Mut ist ihnen in
dieser Frage tatsächlich zu raten, denn die Gebühr ist überfällig.
Sollten sich Merkel, Rösler und andere weiterhin vor der mächtigen
Pkw-Besitzer-Lobby und dem Boulevard wegducken, müssen sie sich den
Vorwurf gefallen lassen, aus reinem Populismus Mitschuld an einer
weiteren Verschlechterung der verkehrlichen Situation in Deutschland
zu tragen. Schon jetzt werden jedes Jahr neue Staurekorde
aufgestellt, schon jetzt sind Straßen und Autobahnbrücken marode,
weil der Pkw- und vor allem der Güterverkehr dramatisch wachsen und
der Sanierungsbedarf in der Folge steigt und steigt. Außerdem wartet
eine lange, milliardenschwere Liste mit Neubauvorhaben auf
Realisierung. Und das alles in Zeiten der europäischen Schuldenkrise
und der deutschen Schuldenbremse. Es wird dringend Bares gebraucht,
damit die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland noch einigermaßen in
Takt bleibt und nicht von einem Infarkt zum anderen stolpert. Und
während die deutschen Autofahrer bei ihrer Fahrt in die Ferien wieder
einmal gemerkt haben, dass sie in den meisten anderen europäischen
Ländern eine Maut berappen müssen, haben Millionen ausländischer
Gäste hierzulande freie Fahrt, ohne an den Kosten für Sanierung und
Unterhalt der Strecken beteiligt zu werden. Das ist und bleibt purer
Unsinn. Deswegen: Her mit der Maut. Aber nicht einfach nur so. Ein
gutes Konzept zur Pkw-Maut ist möglich und lässt sich auch den stets
argwöhnischen Autofahrern vermitteln. Wenn zum Beispiel für eine
Vignette die Kfz-Steuer gestrichen und gleichzeitig die
Mineralölsteuer gesenkt würde, müssten die deutschen Autofahrer nach
Berechnungen von Experten im Durchschnitt nicht mehr als bisher
zahlen. Oder: Eine streckenbezogene Kilometerabgabe würde die Umwelt
entlasten, den Verkehr auf stark befahrenen Straßen entzerren und
weil sich die Maut dann nach den tatsächlich gefahrenen Kilometern
richtete, wäre dies gerechter als die pauschal erhobene Kfz-Steuer.
Es gibt also jede Menge Möglichkeiten. Und niemand in der Politik
wird bestreiten, dass in den Schubladen der beteiligten Ministerien
nicht schon Papiere liegen, wie in Zukunft die Finanzierung einer
leistungsfähigen Infrastruktur gerecht und intelligent hinzubekommen
ist. Mit einer Pkw-Maut. Man muss sich nur trauen.
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