Dass nicht alle Abgeordneten der Koalition für das
Betreuungsgeld gestimmt und einige sogar gleich die Sitzung des
Bundestages geschwänzt haben, kann Angela Merkel wohl verschmerzen.
Für die Kanzlerin sind Abweichler seit Beginn der Eurokrise ohnehin
schon so etwas wie politische Normalität. Was Merkel vielmehr wehtun
muss, ist die Kritik von Peer Steinbrück. Denn der
SPD-Kanzlerkandidat hat den Finger in die Wunde gelegt. Merkels
Pragmatismus ist es zu verdanken, dass das Betreuungsgeld jetzt im
Gesetzesblatt stehen wird. Obwohl viele bei Union und FDP sowie eine
Mehrheit der Bevölkerung die Finanzspritze völlig zu Recht für
unsinnig halten. Merkel hat die Debatte laufen lassen und sich dabei
immer wieder in die Büsche geschlagen. Um ja nicht mit dem
Betreuungsgeld in Verbindung gebracht zu werden und um ja nicht
Gefahr zu laufen, sich mit der CSU anlegen zu müssen. Das nennt man
pragmatische Führung. Gestaltende Politik ist das aber nicht. Jetzt
liegt der Ball erst einmal bei der Opposition. Die Genossen haben
gestern vollmundig versprochen, die neue Leistung vom
Verfassungsgericht prüfen zu lassen und nach einem Sieg bei der
Bundestagswahl wieder abzuschaffen. Das ist ein kühnes Versprechen,
wenn man bedenkt, dass dieselbe SPD in Zeiten der Großen Koalition
ebenfalls ein Anhänger des Betreuungsgeldes gewesen ist. Die Partei
und ihr Kanzlerkandidat müssen sich daher fragen lassen, warum sie
nicht schon damals auf die Fehlwirkungen hingewiesen und Nein gesagt
haben. Das ist die offene Wunde der SPD. Das alles lehrt eines: Mit
Ruhm bekleckert hat sich beim Betreuungsgeld kaum einer der
politischen Akteure.
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