Es ist nachvollziehbar, dass konservative
Christdemokraten eine Verschärfung des Blasphemie-Paragrafen fordern.
Erinnert sei nur an die bösartige Verunglimpfung des Papstes kürzlich
in einer Satire-Zeitschrift, die für gläubige Christen kaum zu
ertragen war. Und auch sachlich gibt es gute Gründe, über eine
Veränderung des Gesetzes wenigstens nachzudenken. Der erste ist, dass
der Straftatbestand, so wie er jetzt formuliert ist, nicht wirkt. Die
Meinungs- und Kulturfreiheit gehen fast immer vor. Das ist oft auch
richtig, doch wäre es sinnvoll, wenigstens gegen gröbste
Provokationen Grenzen einzuziehen. Der zweite Grund ist, dass die
Strafbarkeit derzeit immer an eine Störung des öffentlichen Friedens
geknüpft wird. Es kann aber nicht vernünftig sein, dass gewalttätige
Ausschreitungen praktisch die Voraussetzung dafür sind, dass eine
Religionsbeschimpfung überhaupt als schwerwiegend betrachtet wird.
Das belohnt die Intoleranten. Doch sind die laufenden
Auseinandersetzungen um den Mohammed-Film der falsche Zeitpunkt und
das falsche Motiv für eine solche Debatte. Was in der muslimischen
Welt derzeit passiert, ist der von radikalen Kräften organisierte
Missbrauch einer ziemlich pubertären Provokation für Gewaltaktionen
bis hin zum Mord. Viele, die da brandschatzend durch die
Botschaftsviertel laufen, haben den Film nie gesehen. Er ist nur ein
Vorwand für organisierten Antiamerikanismus, Terrorismus und
Islamismus. Der Vorschlag, den Blasphemieparagrafen zu verschärfen,
würde im Moment daher nur den Falschen recht geben. Man kann darüber
wieder diskutieren, wenn die Lage sich wieder beruhigt hat und über
die Toleranzgrenzen aller geredet werden kann. Christen, Moslems,
Juden, Nicht-Religiöser. Und zwar die Toleranzgrenzen in Deutschland.
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