Auch Dr. Faust hätte in Goethes gleichnamiger
Tragödie am liebsten seinen Pakt mit dem Teufel wieder aufgelöst.
Doch jener Mephistopheles fragt ihn halb spöttisch, halb ungläubig:
„Willst fliegen und bist vorm Schwindel nicht sicher?“ Genau das mag
man auch Schalke 04 fragen: „Wollt ihr ganz nach oben und seid nicht
höhentauglich?“ Schwer nachvollziehbar, dass ein Bundesliga-Club sich
verzweifelt von einem Trainer zu lösen versucht, obwohl der seine Elf
ins Viertelfinale der Champions League und zuvor ins DFB-Pokalfinale
geführt hat. Doch die Vereinsbosse und ein Großteil der Fans
verteufeln Magath, weil er den Club kompromisslos wie ein Diktator
und emotionslos wie ein Finanzbeamter führt. Nein, mehr noch: Wenn
Magath diabolisch über seine Brille linst, erinnert er gar an einen
gewissenlosen Hedgefonds-Manager. Einer, der dem Vernehmen nach sechs
Millionen Euro jährlich einstreicht und ohne Rücksicht auf Verluste
Profis wie Vieh kauft und verkauft. In seiner anderthalbjährigen
Amtszeit verließen 35 Spieler den Verein, 34 neue kamen. Das mag für
Magaths Fußballidee sinnvoll sein – die traditionsbewussten Schalker
indes fühlten sich, als reiße jemand dem Verein die Seele aus dem
Leib. Dabei hatten sie die doch bereits an jenem Tag verkauft, als
Magath in teuflischem Pakt mit unheimlicher Machtfülle inthronisiert
worden war. Im Gegenzug gab der sein verlockendes Versprechen: Bis
2013 holt Schalke den Titel. Dem konnten die Schalke-Bosse nicht
widerstehen und schlitterten mit ihrem Größenwahn in ein Dilemma, das
exemplarisch für die Trainerkrise in der Bundesliga ist. Es ist kein
Zufall, dass auch in Hamburg und München derzeit zwei ähnliche
Tragödien aufgeführt werden. Beim HSV zerren sie an allen Seiten der
Macht, bis davon am Ende gar nichts mehr übrig ist. Konsequent von
Trainer Armin Veh, seine Nebenrolle abzugeben. Und in München haben
sie in Louis van Gaal viel zu lange an einem unsympathischen
Mephisto-Verschnitt festgehalten, weil der den modernen Fußball
verhieß. Doch was moderne Fußballtrainer wirklich ausmacht, zeigen
die Klopps, Dutts oder Tuchels. Nicht ihre zugegebenermaßen
zukunftsfähigen Fußballphilosophien sind entscheidend. Sondern die
Art, wie sie sich mit ihrer Leidenschaft für das Spiel produzieren
und sich mit ihren Vereinen identifizieren. Da geht es nicht um
heuchlerische „Für-immer-BVB-HSV-FCB“-Versprechen, sondern um
Herzblut, Hingabe und einfach auch ein bisschen Demut. Irdische
Tugenden sozusagen. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn die am
Ende nicht auch belohnt würden.
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