Politiker pflegen in Legislaturperioden zu denken.
Das ist zunächst einmal verständlich. Schließlich wollen sie in aller
Regel nach vier Jahren wiedergewählt werden. Wirklich nachhaltige
Weichenstellungen bleiben dadurch allerdings häufig auf der Strecke.
Umso bemerkenswerter erscheint es da, wenn sich die amtierende
Bundesregierung den Herausforderungen der demografischen
Veränderungen stellen will. Das gestrige Gipfeltreffen in Berlin war
dafür allerdings eher weiße Salbe. Erst im Frühjahr 2013 soll es
handfeste Antworten auf den Bevölkerungswandel geben. Ein paar Monate
später ist wieder Bundestagswahl. Da liegt der Verdacht nahe, dass
selbst ein Denken über Legislaturperioden hinaus ohne Konsequenzen
bleibt. Dabei liegen die Fakten längst auf dem Tisch. Deutschlands
Einwohnerzahl wird wegen der dürftigen Geburtenrate bis 2060 um etwa
20 Prozent auf 65 Millionen Menschen schrumpfen. Das ist für sich
genommen kein Beinbruch. Doch gleichzeitig werden die Jungen immer
weniger und die Älteren immer mehr. Obendrein steigt die
Lebenserwartung der Senioren. Diese Entwicklung hat nicht nur tief
greifende Auswirkungen für die Sozialsysteme. Auch die Arbeitswelt
wird künftig eine andere sein müssen als heute. Ebenso die
Einwanderungspolitik und das Verkehrswesen. Doch ein schlüssiges
politisches Gesamtkonzept für den demografischen Wandel steht immer
noch aus. Nun ist es nicht so, dass Politik hier am Nullpunkt stünde.
Der schon vor Jahren verabredete Ausbau der Kinderbetreuung ist
bereits eine Investition in diese Zukunft. Und auch die Entscheidung,
dass die gesetzliche Rente, soll sie über Beiträge bezahlbar bleiben,
nicht mehr in dem Maße steigen kann wie in der Vergangenheit, trägt
den demografischen Zwängen Rechnung. Doch solche Maßnahmen wirken
bislang unkoordiniert. Und was noch schlimmer ist: Bereits getroffene
Entscheidungen sind vor politischer Rückabwicklung nicht gefeit. Die
SPD versucht das gerade bei der Alterssicherung. Und die Union will
eine Kita-Fernhalteprämie namens Betreuungsgeld unters Volk bringen.
Nur zwei Beispiele für einen lediglich auf die nächsten Wahlkämpfe
ausgerichteten Geländegewinn, die an der politischen Ernsthaftigkeit
für ein umfassendes Demografie-Konzept zweifeln lassen. Der Osten
Deutschlands gibt bereits einen Vorgeschmack darauf, was es bedeutet,
wenn Schulen, Gesundheitseinrichtungen und Geschäfte schließen und
ganze Landstriche wegen der Abwanderung veröden. Auch Teile der alten
Bundesrepublik werden mit dem Problem konfrontiert sein. Daran können
Gipfel-Shows nichts ändern. Es ist höchste Zeit für ein Umdenken.
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