Es war ein großes, fröhliches Fest des Glaubens.
Selten gab es in den vergangenen Jahrzehnten so einen erfolgreichen
Deutschen Evangelischen Kirchentag, wie den, der am Sonntag in
Dresden zu Ende ging: Mehr als 120 000 Dauerteilnehmer waren zuletzt
1995 zu einem Protestantentreffen gekommen. Der Kirchentag prägte die
Stadt, und so mancher Dresdner kam, sah und ließ sich einladen,
zumindest als Zaungast an einem Konzert oder einer Veranstaltung des
Protestantentreffens teilzunehmen. Nun gehören volle Gottesdienste
und überfüllte Podiumsdiskussionen bei jedem Kirchentag zum Alltag –
aber in Dresden spürte man auch geistlichen Tiefgang und ein
intensives Interesse der Kirchentagsbewegung an allen Themen rund um
Gottesdienst und Spiritualität. Bei den politischen Themen war das
anders. Aus dem „Wutbürger“ ist der „Gutbürger“ geworden, sagte
Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt im
Abschlussgottesdienst. Und diese Phrase passt durchaus zum Bild des
Kirchentags in Dresden: Es ging nicht mehr um Politik, es ging um
Politikvermittlung. Es ist bezeichnend, wenn eine
Kirchentagsresolution gegen den Rechtsextremismus nicht zu Stande
kommt, weil die Teilnehmer der Veranstaltung zu früh den Saal
verlassen. Und während 1981 der damalige Bundesverteidigungsminister
Hans Apel (SPD) auf einem Kirchentag noch mit Tomaten beworfen wurde,
überreichte die Moderatorin einer Kirchentagsveranstaltung in Dresden
dem heutigen Amtsinhaber Thomas de Maizière (CDU) eine ganze Reihe
Zettelchen, auf denen die Besucher dem Minister gute Wünsche für sein
neues Amt notiert hatten. Vielen ging es schlicht um das „Merkel
gucken“, das „Käßmann erleben“, die hautnahe Begegnung mit den
Prominenten. Trotz alledem setzte auch dieser Kirchentag Signale:
Eindrückliche Voten gab es für den Atomausstieg, für den
Frieden in Afghanistan, für die Flüchtlinge im Mittelmeerraum und
gegen die Abschiebung von Roma in den Kosovo. Aber dass viele
Christen dieser Meinung sind, ist eigentlich schon lange keine
Überraschung mehr. Der Kirchentag bekräftigte, verstärkte ihre
Position, wie ein großes Brennglas. Neues gab es wenig. Der wirkliche
Schatz des Kirchentages war deswegen ein anderer: Die Erinnerung an
schöne Tage an der Elbe, und daran, dass es 120 000 Christen durchaus
gelungen ist, mitten in Ostdeutschland, in einer säkularisierten
Großstadt, fröhlich ihren Glauben zu feiern. Das hat vorher niemand
so erwartet – und die Sachsen können sich darauf durchaus etwas
einbilden.
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