Noch fünf, sechs Wochen Sommerpause, dann starten
die Parteien in einen kurzen Wahlkampf. Aber die Sache scheint schon
jetzt so klar zu sein wie der Ausgang der Tour de France kurz vor
Paris. Das Feld hat sich sortiert. Externe Schocks könnten es
allerdings durcheinander wirbeln: Stürze, Unwetter, Skandale.
Trägerin des Kanzler-Trikots ist Angela Merkel, unangefochtener denn
je. Und Peer Steinbrück ist von einer Kanzlerschaft so weit entfernt
wie noch nie seit seiner Kandidatur. Er muss immer noch entscheidende
Tage damit verschwenden, seine Kampagne intern zu stabilisieren. Über
der demoskopischen Ausgangslage der Parteien liegt außerdem eine
Stimmungslage, die der Sommer womöglich noch verstärken wird, wenn er
denn nicht ganz verregnet sein sollte. Deutschland geht es prächtig.
Und den meisten Menschen gut. Mitten in der Krise scheint das Land
ein Hort der Stabilität zu sein, auch des Könnens und des Willens.
Das hat Stolz genährt. Diese Stimmungslage macht die Opposition so
chancenlos. Warum ein Wechsel? Was könnte er im Großen – nicht in
manchem Detail – verbessern? Und doch sieht, wer die aktuellen
Umfragewerte analysiert, auch einen anderen Trend: Die schwarz-gelbe
Koalition hat gegenüber der vergangenen Wahl trotz allem an
Zustimmung verloren, die FDP sogar existenziell. Das ist erstaunlich,
verwundert aber angesichts der Zerstrittenheit und Amateurhaftigkeit
des bürgerlichen Bündnisses nicht wirklich. Und die Opposition hat
zugelegt, sie kann zusammen mehr Stimmen aufbringen als das
Regierungslager. Nur kann sie nicht gemeinsam regieren. Die relativ
hohen Zahlen für die Kleinst- und Protestparteien zeugen außerdem von
der generell schlechten Mobilisierung aller etablierten Parteien. So
steht uns im Spätsommer ein Wahlkampf bevor, der umso lauter tönen
wird, je spannungsloser er in Wahrheit ist. Rot-Grün wird ihn mit
aufgesetzten Siegesparolen führen, denen Realitätsgehalt nicht einmal
die eigenen Leute glauben, und Schwarz-Gelb mit Wahlversprechungen,
deren Realisierung angesichts des mit CDU und FDP Erlebten ebenfalls
niemand glaubt. Die Lust an Politik wird mit bezahlten,
professionellen Mitteln erzeugt werden und kommt nicht von unten. Und
dann werden die, die dennoch zur Wahl gehen, für ein Zufallsergebnis
sorgen, dass womöglich zu einer Zufallskoalition führt, die aktiv
niemand will. Es gibt wirklich gute Gründe, die nächsten Sommerwochen
noch einmal so richtig zu genießen.
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