Angesichts der Selbstblockade eines Teils der
Politik bei der Erarbeitung eines überparteilichen Energiekonsenses
hat die Linkspartei eine aktive Rolle des Bundespräsidenten
gefordert. „Er muss als Staatsoberhaupt die Barriere zwischen
Menschen und Politik durchbrechen“, verlangte Linkspartei-Chef Klaus
Ernst in einem Gespräch mit der „Leipziger Volkszeitung“
(Donnerstag-Ausgabe).
„Der Bundespräsident muss in die Atomdebatte aktiver eingreifen“,
so Ernst. „Er hat als Ministerpräsident gegen die Abschaltung von
alten Atomkraftwerken gekämpft und wollte längere Laufzeiten
durchsetzen. Wulff muss jetzt den Beweis erbringen, dass er der
Präsident der Bürger und nicht der Atomlobby ist“, sagte der Chef der
Linkspartei. „Es wäre gut, wenn Wulff die Tradition der Berliner
Reden wieder aufnehmen würde. Er muss sich in der Atomdebatte an die
Bürgerinnen und Bürger wenden.“ Die Mitte der Gesellschaft wolle den
schnellen Ausstieg. „Wulff muss außerdem Merkel und ihrer Truppe klar
machen, dass wir statt einem Moratorium ein richtiges Ausstiegsgesetz
brauchen“, ergänzte Ernst. Vertreter anderer Parteien teilten auf
Anfrage die Verwunderung über die relative Schweigsamkeit des
Bundespräsidenten zu dem Thema, verwiesen aber darauf, dass sie eine
öffentliche Aufforderung zum Handeln für unangemessen erachten.
Der Sprecher des Bundespräsidenten verwies gegenüber der Zeitung
auf einige öffentliche Stellungnahmen des Bundespräsidenten und
stellte „möglicherweise auch in den nächsten Tagen“ eine weitere
Positionierung von Präsident Wulff in Aussicht. Zuletzt hatte der
Bundespräsident bei einer Ansprache in der Hamburger Handelskammer
unter anderem erklärt: „Wir brauchen ein positives Innovationsklima,
aber keine blinde Technikgläubigkeit.“ Angesichts der
Japan-Katastrophe seien kritische Fragen an die Betreiber von
Kernkraftwerken ebenso berechtigt wie Fragen an die Politik und die
Aufsichtsbehörden.
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