LVZ: Steinbrück: SPD-Kanzlerkandidat dürfe „nicht quer im Stall stehen“, müsse aber von Merkel unterscheidbar sein und gelegentlich anders ticken

Der nächste Kanzlerkandidat der SPD muss, nach
Ansicht des als Kandidaten genannten ehemaligen Bundesfinanzministers
Peer Steinbrück, ein Sozialdemokrat sein, der nicht quer stehe im
eigenen Stall und der im Zusammenspiel mit anderen die eigene
Mitgliedschaft ebenso mobilisieren könne wie das breite
Wählerpublikum. In einem Video-Interview mit der in der
Verlagsgesellschaft Madsack erscheinenden „Leipziger Volkszeitung“
(Mittwoch-Ausgabe) strich Steinbrück zugleich exemplarisch die sich
ergänzenden Fähigkeiten von SPD-Chef Sigmar Gabriel und ihm selbst
heraus.

„Natürlich ist mir klar, dass ich im Vergleich zu Sigmar Gabriel
nicht die Binnenwirkung innerhalb der SPD habe wie er“, räumte
Steinbrück ein. „Aber umgekehrt ist jedem klar, dass ich vielleicht
die größere Außenwirkung habe und ein breiteres Publikum. Und das
können wir sehr kollegial, sehr freundschaftlich miteinander
debattieren.“ Eine Partei wie die SPD gewinne Wahlen, wenn sie
einerseits ihre eigene Wählerschaft und ihre Mitgliedschaft
mobilisieren könne. „Aber das ist keine hinreichende Bedingung, um
eine Wahl zu gewinnen. Die hinreichende Bedingung ist: Wie komme ich
in das weite, breite Wählerpublikum hinein?“, so Steinbrück.

Es dürfe aber nicht passieren, dass man den nächsten
SPD-Kanzlerkandidaten schon jetzt für die nächsten eineinhalb Jahre
„auf die Schleifmaschine“ lege und „alle Speere auf seine Brust
werfen“. Dann würde der „wirklich rund geputzt, dass es nur so
kracht“. Das komme nicht in Frage. „Sie können einen Kandidaten nicht
anderthalb Jahre im Ring laufen lassen. Das geht nicht.“ Allerdings
räumte Steinbrück ein, dass sich die SPD spätestens ein halbes Jahr
vor der Wahl mit dem Kandidaten an der Spitze präsentieren müsse.
„Die Leute wollen vielleicht spätestens ein halbes Jahr vor einer
Wahl wissen, was ist die personelle Alternative. Was hat die
anzubieten an Lösungskompetenz, an Erfahrung? Welche Assoziationen
treffen wir mit dieser Person mit Blick auf die Solidität und bezogen
auf das, was der an Inhalten zu bieten hat?“

Der SPD-Kanzlerkandidat müsse, nach Ansicht von Steinbrück, aber
auch im Vergleich zu Angela Merkel (CDU) eine gewisse
Unterscheidbarkeit aufweisen und personifizieren. „Er kann sich von
der Partei nicht so weit trennen, dass die eigene Partei diesem
Kandidaten so weit hinterher läuft, dass es da keine Verbindung mehr
gibt. Mehr denn je wird es für Spitzenkandidaten darauf ankommen,
auch eine gewisse Unterscheidbarkeit zu haben gegenüber der eigenen
Partei, weil das breite Wählerpublikum den typischen Parteigänger
weniger denn je mag“, sagte Steinbrück. „Er soll nicht quer im Stall
stehen in der jeweiligen Partei. Aber dass er seine eigene Partei
gelegentlich auch fordert, gelegentlich auch etwas schneller läuft
oder anders tickt, ist in meinen Augen durchaus erlaubt.“

Er sei dafür, „dass eine Partei sehr stark Konflikte austrägt über
die zentralen Fragen, die heute das breite Publikum beschäftigen“, so
Steinbrück. „Aber irgendwann muss sie nach der Meinungsbildung und
der Beschlusslage auch nach vorne laufen.“

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