Stark steigende Mietpreise treffen inzwischen sogar
Mieter von Sozialwohnungen. Das berichtet das ARD-Politikmagazin
„Report Mainz“ (Dienstag, 5.2.2013, 21.45 Uhr, im Ersten) unter
Berufung auf Angaben des Deutschen Mieterbunds und zeigt Fälle aus
Hamburg, Freiburg und Berlin mit Mietsprüngen bis zu 100 Prozent.
Tausende Sozialmieter in Deutschland sind laut Mieterbund aktuell von
drastischen Mieterhöhungen betroffen, obwohl sie im geförderten
sozialen Wohnraum eigentlich vor starken Preissprüngen geschützt sein
sollten. „Das ist ein echter Skandal, was mit den Sozialmieterinnen
und Sozialmietern geschieht“, sagte der Direktor des Deutschen
Mieterbunds, Lukas Siebenkotten, im Interview mit „Report Mainz“.
„Wir müssen leider immer wieder feststellen, dass Sozialmieterinnen
und Sozialmieter Opfer von Abzocke und Spekulation werden, und davor
sind sie nicht in ausreichendem Maße geschützt.“
Vermieter nutzten gezielt gesetzliche Regelungslücken aus, um
angesichts der gestiegenen Nachfrage nach Wohnraum auch mit
Sozialwohnungen Kasse zu machen, beobachtet der Deutsche Mieterbund.
So würden Sozialmieter beispielsweise verpflichtet,
Zusatzvereinbarungen für teure Parkplätze abzuschließen, durch die
sich ihre monatliche Mietbelastung deutlich erhöhe. Auch komme es
häufig vor, dass Kosten für die Modernisierung von älteren
Sozialwohnungsblocks aus den 70er Jahren an Sozialmieter
weitergereicht würden. „Insbesondere in Ballungszentren und
Universitätsstädten, in denen besondere Wohnraumknappheit herrscht,
beobachten wir besondere Spekulationsprobleme mit Sozialwohnungen,
aber auch dass Vermieter tricksen mit energetischer Sanierung oder
dass sie Mieterinnen und Mieter zwingen, Objekte anzumieten, die mit
der eigentlichen Sozialwohnung überhaupt nichts zu tun haben und
überteuert sind. Und die Leidtragenden sind am Schluss diejenigen,
die die größte Hilfe nötig hätten, nämlich die Menschen mit niedrigem
Einkommen, die einen günstigen Wohnraum benötigen“, erklärte
Mieterbund-Direktor Siebenkotten. Die Preistreiberei auf dem
Wohnungsmarkt gehe zu Lasten von Geringverdienern.
Sozialmieter seien in ihren Wohnungen vor einer ganzen Reihe von
Mieterhöhungen nicht geschützt, weil hier das System der Kostenmiete
gelte, was mit dem Mieterhöhungssystem des BGB nichts zu tun habe. In
Berlin habe der Ausstieg des Senats aus der Anschlussförderung für
einen Teil der Sozialwohnungen zur Folge, dass derzeit viele
Vermieter die Mietpreise drastisch erhöhten. Der Geschäftsführer des
Berliner Mietervereins, Reiner Wild, sagte im Interview mit „Report
Mainz“: „Hier in Berlin sind derzeit mehrere tausend Mieter in
Sozialwohnungen von einer enormen Mieterhöhungswelle betroffen.
Vermieter nutzen die Mieterhöhungsspielräume gerade im
innerstädtischen Bereich aus. Wir gehen davon aus, dass das in den
nächsten Monaten und Jahren auch noch anhält.“ Weil sich viele
Sozialmieter ihre Wohnungen im innerstädtischen Bereich nicht mehr
leisten könnten, verändere sich das soziale Gefüge der Stadt.
Mieterhöhungen würden teilweise auch als Instrument zur gezielten
Entmietung von Sozialwohnungsobjekten genutzt, bei denen die
Belegungsbindung aufgehoben wurde: „Auf jeden Fall findet hier eine
Verdrängung von Haushalten mit geringen Einkommen statt. Im
innerstädtischen Bereich sind sie offensichtlich nicht mehr
erwünscht. Viele Vermieter täuschen eine ganz massive Mietsteigerung
vor, nutzen diese Kündigungsmöglichkeit – anders kann man es gar
nicht nennen – dazu, eine andere Mieterklientel in ihre Gebäude zu
bekommen“, erklärte Wild.
Der Deutsche Mieterbund kritisiert im Interview mit „Report
Mainz“, die Gesetzgebung zur sozialen Wohnraumförderung sei veraltet.
Die Länder müssten endlich die Regelungslücken schließen, um
drastische Mieterhöhungen für Sozialmieter zu verhindern: „Die
gesamte Gesetzgebung im Wohnraumförderungsbereich muss auf den
Prüfstand gestellt werden. Es muss sichergestellt werden, dass
Mieterinnen und Mieter vor Abzocke geschützt werden, und dazu muss
kontrolliert werden. Die Behörden, die die Bewilligung erteilen,
müssen anschließend auch kontrollieren, ob die Bedingungen
eingehalten worden sind“, sagte Mieterbund-Direktor Siebenkotten. Bei
der sozialen Wohnraumförderung werde heutzutage praktisch überhaupt
nicht kontrolliert. „Damit wird es auf jeden Fall Betrügern und
Abzockern zu leicht gemacht. Die müssen in Zukunft wissen, hier wird
kontrolliert und auf die Finger geklopft. Und dann wird sich die
Situation verbessern.“
Weitere Informationen finden Sie unter www.swr.de/report. Zitate
gegen Quellenangabe „Report Mainz“ frei. Fragen bitte an „Report
Mainz“, Tel.: 06131/929-33351.