Scheitern statt Kompromiss, erneute Kampfabstimmung
im Bundesrat – und vermutlich weiter keine gesetzkräftige Neuregelung
von Hartz IV, obwohl die vom Bundesverfassungsgericht schon für Ende
des vergangenen Jahres eingefordert worden war. Doch mit der
aktuellen gegenseitigen Blockade der politischen Lager führen beide
vor, worum es ihnen wirklich geht: die Machtfrage. Man kann ruhig
davon ausgehen, dass der gestrige Knall zumindest einkalkuliert, eher
wohl aber gewollt war – von beiden Seiten. Die Interessen der
Hartz-IV-Empfänger spielten bei dem taktischen Hickhack der
vergangenen Monate denn auch die geringste Rolle, auch wenn sie
natürlich von allen im Munde geführt wurden. Nun steht am Auftakt des
Superwahljahrs eine Konstellation, die dem Bürger zeigt, wohin es
führt, wenn er kurzfristig verliehene Gestaltungsmacht unmittelbar
darauf wieder mit neutralisierender Verhinderungsmacht konfrontiert.
Wer will schon als Verlierer in die nächste Wahlschlacht ziehen oder
auch nur den Gegner dort als Mit-Gewinner paradieren sehen? Ob der
Wähler daraus die von den Strategen beider Lager gewünschten Schlüsse
zieht, ist allerdings fraglich – schon weil deren Ziele die gleichen
sind und sich deshalb aufheben. Die Wahrscheinlichkeit, dass
demonstrative gemeinsame Verweigerungshaltung bei wechselseitiger
Schuldzuweisung mit eindeutigerer Machtverleihung belohnt wird,
dürfte weitaus geringer sein als die einer weiter wachsenden
Politikverdrossenheit – samt ihrer bekannten Folgen. Die von der
Verfassung gewollte Machtbalance zwischen Bund und Ländern sowie die
wegen ständiger Wahlterminabfolge dauerhafte Wahlkampfsituation
führen eben nur im Idealfall zum segensreichen Kompromisszwang. Öfter
ergeben sie aus taktischen Gründen ein Patt, im schlechtesten Fall
ein permanentes. Natürlich kann man „der Politik“ Arbeitsverweigerung
attestieren. Dass der Wähler es anders gewollt hat, steht außer
Frage. Aber wie, genau?
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