Mittelbayerische Zeitung: Der Klischee-Highscore Kommentar zum Image-Computerspiel der bayerischen Staatskanzlei

Vor wenigen Wochen ging das Ergebnis von knapp
100 000 Euro online. Die bayerische Staatskanzlei stellte „Aufbruch
Bayern – das Spiel“ vor. Seither hagelt es Kritik und Spott im
Internet. Und das zurecht. Denn ein Klischee jagt hier das nächste:
„Bayern sucht Heldinnen und Helden, die mutig in die Zukunft
aufbrechen wollen“, sagt die Schutzpatronin, eine blond-blauäugige
Vorzeigefrau zu Beginn zu dem Charakter, den man sich ausgewählt hat.
Und der ist natürlich blond und blauäugig – und im Verständnis der
Kölner Entwickler anscheinend typisch bayerisch. Und genauso geht es
weiter: Man muss einen (bayerischen) Löwen austricksen, um für
bayerische Familien einen Seilpark errichten zu können. Das braucht
der Freistaat schließlich. Am Ende wird man mit einer weiß-blauen,
also bayerischen Flagge belohnt. Zwar will „Aufbruch Bayern“ keinen
Schönheitspreis gewinnen, doch es zeigt eindrucksvoll, wie wenig die
Staatsregierung von digitalen Medien und von den Menschen versteht,
die sie damit erreichen wollte. Denn die schämen sich nun für das
Spiel und was es für Werte vermittelt. Es ist zwar lobenswert, dass
sich die Staatskanzlei für die digitale Welt öffnen will, aber bitte
nicht mit einem Spiel, das mehr Vorurteile schafft, als diese zu
überwinden. Dass „Aufbruch Bayern“ sich vor allem auf das Thema
Familie stürzt, das Lieblingsthema der CSU, verleiht der Sache noch
eine ganz eigene Komik. Die größten Kritiker von sogenannten
Killerspielen haben ein Spiel veröffentlicht, das fragwürdiger ist
als das so gern verbotengeforderte Counter Strike. Die Staatskanzlei
ist allerdings zufrieden mit ihrem Spiel. 20 000 Menschen hätten
bereits mit „Aufbruch Bayern“ ihren „inneren Gipfelsturm“ erlebt. Da
sich jetzt die Netzgemeinde und die Medien auf das Thema stürzen,
dürften es in den nächsten Tagen noch mehr werden. Aufmerksamkeit hat
man ja erreichen wollen. Und die gab es für läppische 100 000 Euro
aus der Steuerkasse, mit denen man einen Lehrerposten hätte schaffen
können. Dass man damit eher einen Rekord auf der ewigen Rangliste der
Peinlichkeiten gesetzt hat, ist dann auch egal. Wahrscheinlich
tüftelt man schon an einer Fortsetzung zu „Aufbruch Bayern“. Aber
welche Klischees sind jetzt noch offen? Darf der blond-blauäugige
Held dann die weiß-blaue Flagge auf der Zugspitze hissen? Oder soll
er dann doch lieber den bayerischen Urvater Franz-Josef Strauß als
maßkrugstemmenden Zombie auferstehen lassen?

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