Die Frage ist knifflig und nicht mit einem
klaren Ja oder einem schlichten Nein zu beantworten: Muss der Staat
im Fall der rechtsextremen NPD wirklich zum scharfen Schwert des
Parteienverbotes greifen? Oder sollte man nicht lieber der „Weisheit“
der Wähler vertrauen, die dem braunen Krakeeler-Verein ohnehin
bereits ihre Gunst entziehen? Ein Leser der MZ stellte sinngemäß
diese Frage, als vor einigen Tagen die Innenminister der Länder das
erneute Verbotsverfahren in Gang brachten. Gestern hat die
Länderkammer den Antrag offiziell beschlossen. Der Gang nach
Karlsruhe, um eine gesamte Partei vom demokratischen
Willensbildungsprozess auszuschließen, ist kein Spaziergang. Das
letzte vergleichbare Verfahren, das mit einer Entscheidung endete,
liegt mit dem Verbot der Kommunistischen Partei (KPD) in den eisigen
Zeiten des Kalten Krieges fast sechs Jahrzehnte zurück. Vor knapp
zehn Jahren scheiterte ein erster Anlauf gegen die NPD schon an der
ersten Hürde. Die Verfassungsrichter lehnten den Antrag ab, weil die
damaligen Antragsteller um Bundesinnenminister Otto Schily und
Bayerns Günther Beckstein viel zu großzügig bis schludrig mit den
Quellen umgegangen waren. Ein Großteil der damaligen Materialien
stammte von staatlich bezahlten V-Leuten. Karlsruhe hätte eine Partei
verbieten sollen, in der es von staatlichen Zuträgern, sogar
Scharfmachern nur so wimmelte. Ein Unding. Auch der jetzt auf den Weg
gebrachte NPD-Verbotsantrag ist nicht ohne Risiken. In ihrem Ausgang
vorhersagbar sind Verfahren beim obersten deutschen Gericht ohnehin
nicht. Dann bräuchte man diese Instanz nämlich gar nicht mehr. Ob das
akribisch von Verfassungsschützern und Polizeien zusammengetragene
Material von über 1000 Seiten diesmal ausreicht, um der
rechtsextremen NPD die Verfassungsmäßigkeit abzuerkennen, ist völlig
offen. Dennoch ist es notwendig, dieser Partei von Hasspredigern
gegen die verfassungsmäßige Ordnung, gegen das demokratische System,
gegen Minderheiten den Schleier der Verfassungsmäßigkeit herunter zu
reißen. Man muss es zumindest versuchen. Sollte dieser Versuch in
Karlsruhe erneut scheitern, wäre das höchstens eine kleine Aufwertung
der siechenden NPD, aber vor allem ein Erfolg des demokratischen
Rechtsstaates. Den wollen die Rechtsextremen übrigens schleifen. Man
kann in Karlsruhe mit dem Verbotsantrag erneut scheitern. Aber es gar
nicht noch einmal zu versuchen, wäre viel schlimmer. Ein Blick in das
belastende Material und offene Augen für das martialische Gebaren der
NPD auf Straßen, in Landtagen, in Versammlungen oder im Internet
zeigen deren besondere Gefährlichkeit. Da ist nicht irgendeine
extreme Partei am Werk, die die anderen Parteien kritisiert oder die
die Politik der Regierung für grundfalsch hält. All das nimmt eine
Demokratie klaglos hin. Man kann ja widersprechen. Nein, hier macht
sich eine Partei auf den Weg, die Demokratie insgesamt abzuschaffen.
Die Funktionäre der NPD knüpfen, nicht ungeschickt, an den Sorgen und
Nöten der „kleinen Leute“ an. Sie stoßen noch dazu in das Vakuum, das
andere Parteien, Gruppen, der Staat in mancher Region lassen. Doch
statt sich auf den mitunter zähen demokratischen Diskurs einzulassen,
präsentiert die NPD nur einfache, populistische Lösungen.
Führerprinzip, Ausländer raus, Arbeit nur für Deutsche, weg mit EU
und Euro und dergleichen Krudes mehr. Ein Verbot der NPD ist freilich
nur ein Teil der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus.
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