Nach WDR/ARD Dokumentation: Bischof von Hildesheim fordert Hilfe von außen: „Wir brauchen externen Sachverstand“ – Vorgänger habe „fürchterliche Dinge zugedeckt“

Mit drastischen Worten hat der neue Bischof von
Hildesheim, Heiner Wilmer, auf die Ausstrahlung der WDR/ARD
Dokumentation „Meine Täter, die Priester“ von Eva Müller am
vergangenen Montag reagiert. „Ich kann nur sagen, in Zusammenhang mit
der Causa Peter R. hat der damalige Bischof Homeyer mit seiner
Bistumsleitung nicht nur versagt, sondern sie haben fürchterliche
Dinge zugedeckt, und das ist eine Katastrophe“, sagte Bischof Wilmer
im NDR Fernsehen. Das Bistum brauche nun externen Sachverstand. „Es
ist unmöglich, dass Kirche hier nur eine Binnenkultur pflegt“, sagte
der Bischof.

Die WDR/ARD Dokumentation hatte gezeigt, wie der Sprecher der
Opferinitiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, auf eigene Faust in
Chile nach den Spuren des Priesters Peter R. sucht. Katsch selbst und
zahlreiche weitere Schüler waren von ihm schon in den 70er Jahren am
Berliner Gymnasium Canisius-Kolleg missbraucht worden. Danach war
Peter R. bis 2003 u.a. als Pfarrer im Bistum Hildesheim eingesetzt.

2010 löste sein Fall den Missbrauchsskandal in der katholischen
Kirche in Deutschland aus. Ein vom Bistum Hildesheim in Auftrag
gegebenes unabhängiges Gutachten wies 2017 elf Fälle weitere
Missbrauchsfälle durch den Priester nach, darunter zwei chilenische
Mädchen.

Matthias Katsch und dem ARD Team gelang nun, was dem Bistum bis
heute nicht gelungen war, sie machten diese Betroffenen in Santiago
de Chile ausfindig. Außerdem fanden sie in Chile zwei weitere bisher
unbekannte Opfer. Sie stammen u.a. aus dem Umfeld des Sozialwerks
„Christo Vive“, das von Priester Peter R. bis heute finanziell
unterstützt wird. Mehrere Jugendliche von dort waren bei Peter R. In
Hildesheim zu Gast. Sie berichten im Film von Übergriffen.

Man hätte Matthias Katsch viel früher in die Aufklärung einbinden
müssen, sagte der Hildesheimer Bischof Wilmer nun in Reaktion auf den
Film. „Ich bin sehr dafür, externen Sachverstand ins Bistum
Hildesheim zu bringen, um Betroffene zu finden, um hier auch adäquat
vorzugehen und um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es ist
unmöglich, dass Kirche hier nur eine Binnenkultur pflegt“, sagte der
Bischof im NDR. Matthias Katsch entgegnet auf WDR-Anfrage, das sei
ein neue Tonlage: „Umstände und Verantwortlichkeiten müssen jetzt
konkret geklärt werden. Die Kirche kann in der Tat nicht selbst für
die Aufarbeitung ihres institutionellen Versagens sorgen.“ Deshalb
sei jetzt der Staat gefordert. „Es braucht eine unabhängige
Untersuchung durch eine Kommission von Ermittlern, die Betroffene und
Zeitzeugen anhört und Akten auswertet. Die Kirche muss dafür Zugang
zu ihren Unterlagen gewähren. Dabei können wir uns dazu an Vorbildern
wie Irland, Australien oder Pennsylvania orientieren. Und es geht
auch um Gerechtigkeit für die Opfer, um Hilfe und Entschädigung“,
sagt Matthias Katsch.

Zu den durch die WDR/ARD Dokumentation bekannt gewordenen weiteren
Opfern aus Chile wolle die Diözese Kontakt aufnehmen und ihnen Hilfe
und Unterstützung anbieten, sagte ein Bistumssprecher am Dienstag.
Außerdem werde das Bistum die Staatsanwaltschaft einschalten, mit der
Bitte, zu prüfen, ob sich aus den neuen Fällen Ermittlungsansätze
gegen Peter R. ergeben.

Peter R. lebt heute als Priester in Rente in Berlin, wo vor dem
dortigen Kirchengericht des Erzbistums Berlin weiterhin ein
Kirchenverfahren gegen ihn läuft.

Pressekontakt:
WDR Presse und Information
Telefon 0221 220 7100
E-Mail: wdrpressedesk@wdr.de

Original-Content von: WDR Westdeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell