NDR Umfrage: stabile Wechselstimmung in Hamburg – neues Wahlrecht wird zum Problem

Der ausgeprägte Wunsch nach einem politischen
Wechsel kennzeichnet auch Mitte Januar die politische Stimmung in
Hamburg: Nach einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des NDR
sprechen sich fast zwei Drittel der Wahlberechtigten in der
Hansestadt (62 Prozent) für einen von der SPD geführten Senat nach
der Bürgerschaftswahl aus. Nur 9 Prozent wünschen sich allerdings
eine Alleinregierung der SPD.

Bei einer Bürgerschaftswahl zum jetzigen Zeitpunkt könnte die CDU
– trotz eines Plus von 4 Punkten gegenüber der Umfrage vom Dezember
2010 – mit lediglich 26 Prozent der Stimmen rechnen. Sie würde damit
eines ihrer schlechtesten Ergebnisse in der Wahlgeschichte der
Hamburger Union verzeichnen. Die SPD bliebe mit unverändert 43
Prozent stärkste Kraft und wäre mit diesem Stimmenanteil wieder etwa
so stark wie zu Beginn der 1990er Jahre. Die Grünen/GAL büßen nach
ihrem Rekordwert von 19 Prozent im Dezember 2 Punkte ein und könnten
mit 17 Prozent der Stimmen rechnen. Die Linke verliert 2 Punkte, käme
damit aktuell auf 5 Prozent und müsste um den Wiedereinzug in die
Bürgerschaft kämpfen. Die FDP verharrt bei 4 Prozent wie im Dezember
und würde damit zum dritten Mal in Folge den Einzug in die Hamburger
Bürgerschaft verpassen.

Politikerzufriedenheit: Scholz deutlich auf Rang eins

SPD-Landeschef Olaf Scholz führt klar die Rangliste der Hamburger
Spitzenkandidaten an. Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent)
äußert sich positiv über seine politische Arbeit, wobei 9 Prozent
sehr zufrieden und 47 Prozent zufrieden sind. Das Urteil über den
CDU-Spitzenkandidaten Christoph Ahlhaus fällt dagegen deutlich
schlechter aus: Nur etwa jeder Vierte (28 Prozent) ist mit ihm sehr
zufrieden (2 Prozent) oder zufrieden (26 Prozent). Eine klare
Mehrheit der Hamburger (55 Prozent) äußert sich kritisch zum
amtierenden Ersten Bürgermeister. Die Spitzenkandidatin der GAL Anja
Hajduk kommt auf einen Zustimmungswert von 28 Prozent und liegt damit
auf Augenhöhe mit Christoph Ahlhaus. Den geringsten Rückhalt
verzeichnen Dora Heyenn, Spitzenkandidatin der Linken (9 Prozent),
und die neue FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding (6 Prozent). Beide
haben zudem erhebliche Bekanntheitsprobleme.

Wenn die Hamburger den Ersten Bürgermeister direkt wählen könnten,
würden sich 59 Prozent für den Herausforderer Olaf Scholz und 23
Prozent für Christoph Ahlhaus entscheiden. Trotz eines Plus von 4
Punkten zugunsten von Ahlhaus (und einem Minus von 7 Punkten für
Scholz) hat sich das grundsätzliche Stimmungsbild nicht entscheidend
verändert. Ahlhaus verfügt über keinerlei Amtsbonus.

Auch im direkten Vergleich einer Reihe von Eigenschaften und
Kompetenzen kann Scholz den Amtsinhaber meist deutlich distanzieren.
Im Bereich der Wirtschaftskompetenz erreicht Ahlhaus mit 26 Prozent
seinen besten Wert – aber selbst in dieser klassischen Domäne der
Union liegt Scholz knapp vorn (30 Prozent).

Wirtschaftsentwicklung: Hamburger sind optimistisch

Die guten Wirtschaftsdaten der vergangenen Monate spiegeln sich
auch im Urteil der Hamburger zur Wirtschaftsentwicklung. Ihr Blick in
die nähere Zukunft zeigt eine optimistische Stimmungslage – rund vier
von zehn Bürgern (36 Prozent) gehen von einem weiteren
wirtschaftlichen Aufschwung aus, jeder zweite (49 Prozent) rechnet
zumindest mit einem gleichbleibenden Niveau. Lediglich 13 Prozent
äußern sich pessimistisch und glauben, dass es mit der
wirtschaftlichen Lage in Hamburg im Verlaufe des Jahres bergab gehen
werde. Die Einschätzung der Hamburger Wirtschaftslage ist damit jener
Beurteilung ähnlich, die der ARD DeutschlandTREND im Januar für die
Bundesrepublik insgesamt ermittelt hat.

Neues Wahlrecht: 84 Prozent der Hamburger fühlen sich nicht
ausreichend informiert

Das Interesse der Hamburger an der Bürgerschaftswahl ist knapp
sechs Wochen vorher ähnlich ausgeprägt wie im Vorfeld der Wahl 2008.
Etwa sieben von zehn Wahlberechtigten (72 Prozent) bezeichnen sich
als interessiert (sehr stark interessiert: 29 Prozent, stark: 43
Prozent).

Allerdings könnte das neue Wahlrecht, bei dem die Wähler fünf
Stimmen für die Landeslisten der Parteien und fünf Stimmen für die
Kandidaten im Wahlkreis haben, zu einem Problem werden: 84 Prozent
der Hamburger fühlen sich darüber nicht ausreichend informiert.

Für die repräsentative Erhebung befragte das
Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap vom 7. bis zum 11. Januar
1000 wahlberechtigte Hamburgerinnen und Hamburger per Telefon. Die
Fehlertoleranz beträgt 3,1 Prozentpunkte (bei 50 % Anteilswert, 1,4
Prozentpunkte bei 5 % Anteilswert). Hinweis an die Redaktionen: Alle
Ergebnisse der Umfrage sind bei Nennung der „Quelle: Infratest dimap
im Auftrag des NDR“ zur Veröffentlichung freigegeben und im Internet
unter http://www.ndr.de/hamburg abrufbar.

13. Januar 2011

Pressekontakt:
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