Wenig glaubwürdig
In Birma knüpft Bundespräsident Joachim Gauck dort an, wo er zuvor
bei seinem Indien-Besuch aufgehört hat: ein bisschen Kritik an
Menschenrechtsverletzungen, die Mahnung, ethnischen Konflikten keine
Chance zu geben, Lob für die demokratische Entwicklung, und dann
macht sich die mitgereiste Wirtschaftsdelegation ans Werk, deutsche
Investitionsmöglichkeiten auszuloten. Weder Gaucks salbungsvolle
Worte bei Staatsempfängen noch die symbolträchtige Begegnung mit der
birmanischen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi können
darüber hinwegtäuschen, dass der Bundespräsident auch auf
Wirtschaftsmission in Asien unterwegs ist. Dies gilt für Birma noch
mehr als für Indien: Um das südostasiatische Land hat seit seiner
Öffnung gen Westen vor drei Jahren längst ein ökonomischer Wettlauf
begonnen. Experten schwärmen davon, welche Chancen der Markt bietet.
Dass die Exportnation Deutschland mitmischen will, ist verständlich.
Dass sich Gauck dafür instrumentalisieren lässt, hingegen nicht. Zum
einen ist er nicht Wirtschaftsminister, sondern Bundespräsident. Zum
anderen hat er den Anspruch, überzeugend für Bürgerrechte und
zivilgesellschaftliche Entwicklung einzutreten. Wenn er dies jedoch
nicht mehr allein um der Sache selbst willen tut, sondern auch zum
Wohle der deutschen Wirtschaft, verliert er an Glaubwürdigkeit.
Franziska Kückmann
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207