Neue OZ: Kommentar zu Europa / Finanzkrise

Mit Zähneknirschen

Vermutlich wird Angela Merkel die Mehrheit der Stimmen von CDU,
CSU und FDP bekommen, wenn der Bundestag am 29. September über die
Ausweitung des Euro-Rettungsschirms abstimmt. Dennoch zeigen sich
viele Politiker der Regierungsfraktionen skeptisch. Für sie hat die
milliardenschwere Unterstützung der Schuldenstaaten und die Abgabe
von Kompetenzen Grenzen. In der Praxis dürften die meisten Abweichler
dann doch zähneknirschend zustimmen: Jeder Abgeordnete der
Koalitionsfraktionen weiß, was für die Regierung auf dem Spiel steht.
Eine Ablehnung würde das vorzeitige Ende der Regierung Merkel
bedeuten. Trotz ihres Unmuts werden daher nur die wenigsten ein
politisches Harakiri riskieren.

Überzeugungsarbeit muss die Kanzlerin in ihrer verunsicherten
Partei gleichwohl leisten. Etliche Entscheidungen in der Eurokrise
haben Bundesregierung und Spitzenbeamte am Parlament vorbei
entschieden, auch wegen des großen Zeitdrucks. Hier gilt es einen
Kompromiss zu finden, bei dem das Kabinett handlungsfähig bleibt,
doch der Bundestag nicht übergangen wird. Mehr Rechte für den
Haushaltsausschuss könnten eine Lösung sein. Auch der Bevölkerung
muss Merkel noch stärker klarmachen, was der Euro als gemeinsame
Währung für die deutsche Wirtschaft bedeutet. Gäbe es noch die
D-Mark, hätte Deutschland viele Probleme, mit denen jetzt die Schweiz
wegen des starken Franken zu kämpfen hat.

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