Kirchliche Demontage
Zu Jahresbeginn war die katholische Kirche in den Schlagzeilen,
weil sie die Aufarbeitung des tausendfachen sexuellen Missbrauchs in
ihren Reihen platzen ließ. Wenig später wiesen zwei katholische
Krankenhäuser in Köln unter skandalösen Umständen eine Frau ab, die
vergewaltigt worden war.
Permanent schwelt darüber hinaus der Konflikt um die
Sonderstellung etwa im Arbeits- und Tarifrecht: Wenn der Staat zum
allergrößten Teil die Kosten kirchlicher Kindergärten zahlt, wenn
kirchlich getragene Altersheime nichts als normale
Wirtschaftsbetriebe sind – warum darf der Betreiber einen Einfluss
nehmen, der überall anders diskriminierend wäre? Warum muss ein
Angestellter Angst haben, falls seine Ehe scheitert?
In dieses Lagebild der letzten Wochen stößt nun ein Vordenker des
Vatikans und vergleicht Kritik mit Pogromen. Ist das alleine schon
daneben und beleidigt die Opfer echter Pogrome ebenso wie die
Kritiker, so ist es geradezu ulkig, was der Erzbischof weiterhin
postuliert: dass Wut auf die Kirche nämlich künstlich erzeugt werde.
Nein, für die besagte Wut sorgt die Kirche ganz alleine und
demontiert sich selbst – siehe Beispiele. Sie muss sich entscheiden:
sich nach der reinen Lehre auszurichten und im Gegenzug den Anspruch
auf Mitgestaltung und ein befruchtendes Miteinander zu senken. Oder
aber sich einzumischen: dann aber als eine Kraft, die Dünkel und
Paranoia ablegt und sich der Kritik stellen muss wie jede andere
auch.
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