Neue OZ: Kommentar zu Parteireform / SPD

Flagge zeigen

Es soll ein mutiger Schritt nach vorn sein, kann sich aber auch
als Reinfall erweisen: Der Plan der SPD-Spitze für eine Parteireform
ist ein Vorschlag mit vielen Risiken.

So rührt der Vorschlag am Selbstverständnis vieler stolzer
Genossen. Sie werden vor den Kopf gestoßen, wenn auch Nichtmitglieder
mitbestimmen dürfen, wer als Kanzlerkandidat antreten soll oder als
Bewerber für Bundestags- und Landtagswahlen aufgestellt wird. Denn
das Parteibuch würde zum Teil entwertet, sollten solche zentralen
Privilegien entfallen. Und viele könnten sich fragen, warum sie dann
überhaupt noch Mitglied sein sollen.

Hinzu kommt ein schwerwiegender psychologischer Aspekt. Wenn sich
die SPD nicht mehr allein zutraut, die richtigen Kandidaten
aufzustellen, kann das als mangelndes Selbstvertrauen und als
Mutlosigkeit ausgelegt werden. Kurzum: Werbung für die Genossen sieht
anders aus.

Die Sozialdemokraten sind stattdessen gut beraten, den Bogen nicht
zu überspannen. Natürlich muss die SPD sich neu aufstellen, will sie
auch nur entfernt an ihre große Vergangenheit als Volkspartei
anknüpfen. Dazu reicht es jedoch, Nichtmitglieder zum Mitdiskutieren
einzuladen, wie das etwa in Niedersachsen schon geschieht. Die
wichtigste Entscheidung aber darf die Partei nicht delegieren: Sie
muss Flagge zeigen und selber sagen, wofür sie steht. Ansonsten wird
sie zum austauschbaren und manipulierbaren Debattierklub.

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