Neue OZ: Kommentar zu Ruderin Nadja Drygalla/Rechtsextremismus

Zuviel des Guten

Wehret den Anfängen, lautet ein bekannter Warnruf, wenn es um
rechten Extremismus geht. Dem Spruch wird nahezu jeder zustimmen.
Aber was genau der Anfang ist: Darüber kann gestritten werden.

Dies gilt im Fall der Ruderin Nadja Drygalla ebenso wie bei
religiösen Eiferern oder jüngst in Bayreuth, wo ein Opern-Star weger
früherer Tätowierungen mit völkisch-faschistischen Motiven abreisen
musste.

Ist mit dem Anfang der leiseste Anklang extremistischen
Gedankenguts gemeint, dem es gnadenlos entgegenzutreten gilt –
selbst, wenn man nur einen radikalen Freund hat und kein Wort, keine
Tat einen eigenen Anteil belegen? Oder besteht der Anfang, bei dem es
kein Pardon geben darf, nicht vielmehr dann, wenn sich in eines jeden
und auch den eigenen Kopf allzu leicht diskriminierende Gedanken
schleichen, die es zu erkennen und früh zu bekämpfen gilt?

Gefahren dafür sind zumindest gegeben. Bereits Willy Brandt
bedauerte später bitter seinen Radikalenerlass, der es in den
70er-Jahren Kommunisten verwehren sollte, in den Staatsdienst zu
gelangen. Denn Berufsverbot und Sippenhaft sind Methoden, mit denen
ein Demokrat grundsätzlich hadern muss.

Zumal nach Drygallas Klarstellung von gestern wäre also ihre
regelrechte Vernichtung, die sie zunächst die berufliche Laufbahn,
dann ihren Ruf und womöglich die Karriere kostet, zu viel des Guten –
so viel, dass es bereits wieder zum Bösen umschlägt.

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