Merkel-Dämmerung bleibt Fiktion
Wenn es noch eines Beweises bedurfte, wie unangefochten Angela
Merkel die CDU und die Bundesregierung führt, ist er seit gestern
erbracht. Einen Tag nach der epochalen Wahlniederlage von
Baden-Württemberg ging die Kanzlerin kühl zur Tagesordnung über. Ja,
die Energiewende müsse schneller erfolgen als geplant. Nein, ein
persönliches Misstrauensvotum sei die Zeitenwende im ehemaligen
CDU-Stammland nicht. Und natürlich werde ihre Koalition bis 2013
weitermachen. Widerspruch? Keiner.
Tatsächlich gibt es in der CDU keine Kritiker mehr, die ihr
gefährlich werden können. Das Gerede von der Merkel-Dämmerung war und
ist Fiktion. Auch der Vergleich mit Gerhard Schröder, der nach dem
Verlust des SPD-Stammlands Nordrhein-Westfalen die Flucht nach vorn
suchte und bei Neuwahlen scheiterte, liegt daneben. Denn in der Union
denkt niemand daran, das Handtuch zu werfen. Und für die
schwindsüchtige FDP wären Neuwahlen das Letzte, was sie jetzt
gebrauchen kann.
Mittelfristig könnte die Allmacht der Kanzlerin für die Union
freilich zum Problem werden. Denn eine Volkspartei lebt vom
Wettstreit der Ideen und personellen Alternativen. Umweltminister
Norbert Röttgen hätte das Zeug zum Protagonisten neben Merkel. Seine
Zukunft hängt aber maßgeblich an NRW, wo er Ministerpräsident werden
will. Misslingt ihm das, kommt vielleicht ein anderer Name schneller
als erwartet ins Spiel: David McAllister.
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