Neue OZ: Kommentar zu Waldschlösschenbrücke

Vorbild Dresden

Wer glaubt, Querelen à la Stuttgart 21 ließen sich mit mehr
direkter Demokratie verhindern, der blicke nach Dresden. Dort schloss
sich am Wochenende der Bogen von ersten Planungen der heiß
umstrittenen Waldschlösschenbrücke zur erkennbaren Struktur. Jetzt
ist sichtbar, was die Gemüter in Sachsens Metropole und sogar
weltweit bewegte. Ein ums andere Mal tagte die UNESCO wegen der
Welterbewürde des Elbtals – und erkannte sie ab.

Dresden war selbst das egal, die Brücke sollte her. Einen
Volksentscheid gab es ebenfalls. Aber die Akzeptanz bei den Gegnern
stieg durch ihn nicht. Deren Logik: Meint die Mehrheit, was sie
meint, muss sie sich irren oder manipuliert worden sein. Es wurde auf
Nichtwähler verwiesen, auf vermeintlich neue Erkenntnisse oder
angebliche Mauschelei. Juristische Winkelzüge, Hinweise auf
Fledermäuse und immer wieder Proteste – all dies ließ sich auch per
Plebiszit nicht verhindern.

Dennoch: Die Brücke steht. Und die Stadt kann es sich leisten. Ihr
Ruf zieht auch ohne UNESCO-Status die Massen an. Im Fall der Brücke
war ihr die Infrastruktur wichtiger. Zwinger, Oper und Frauenkirche
beweisen aber, wie viel Wert sie an anderer Stelle auf Restauration
und Rekonstruktion legt. Vielleicht wäre das auch ein Weg für
Stuttgart oder jede andere, letztlich beliebige Stadt: einen Bahnhof
entschlossen zu bauen zum Beispiel, andernorts aber ebenso
kompromisslos für Natur oder Kultur einzustehen.

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