Neue Westfälische (Bielefeld): Jugend Generation der Verlorenen STEFAN SCHELP

Hätten Sie–s gewusst? Heute ist der Tag der
Jugend. Für manchen ist das genau der richtige Moment, die alten
Worthülsen noch einmal vorzuholen. Die Worte von der Jugend, die
unsere Zukunft ist. Die Mahnung, dass wir dabei sind, die Zukunft der
Jugend zu verspielen. Gemeinplätze, die eigentlich immer gehen. Nur
nicht in diesem Jahr. Dafür haben die Jugendlichen in britischen
Königreich gesorgt. Eine Generation der Verlorenen ist dort auf der
Straße. Und dazu – auch das wollen wir nicht verschweigen – Plünderer
und Totschläger, die nur zu gern auf die Frust-Welle aufspringen. In
den Pariser Vororten haben in den vergangenen Jahren die Autos
gebrannt, in Italien, Spanien und Griechenland war oder ist die
Jugend auf der Straße. Sie sind die Leidtragenden der aktuellen Lage
in Europa. Sie geben der eher abstrakten „Schuldenkrise“ ein Gesicht.
Nur in Deutschland ist der Rabatz institutionalisiert und auf einmal
pro Jahr terminiert. In der Nacht zum 1. Mai geht es rund. Sonst
nicht – jedenfalls bisher. Das liegt zum einen daran, dass
Deutschland weitaus besser aus der Krise gekommen ist als all seine
europäischen Nachbarn. Auf dem Arbeitsmarkt ist die Situation für
Jugendliche sogar besser als vor der Krise. Viel mehr
Ausbildungsverträge als in den vergangenen Jahren sind schon
unterzeichnet – obwohl das vielleicht auch nur daran liegt, dass die
Personalchefs entscheidungsfreudiger sind, weil das Angebot
angesichts sinkender Bewerberzahlen nicht besser wird. Überdies
täuscht die niedrige Zahl von Jugendlichen ohne Arbeit in Deutschland
darüber hinweg, dass viele junge Menschen zwar nicht arbeitslos, wohl
aber in Warteschleifen unterwegs sind. Das bedeutet, dass das
Jugendproblem in Deutschland aufgeschoben, nicht aber aufgehoben ist.
Auch deshalb: Kein Grund zum Feiern.

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