Man stelle sich nur mal vor, das Faxgerät hätte
nicht funktioniert. Die Brüsseler Vorwahl wäre besetzt gewesen. Die
Mail wäre steckengeblieben, weil die Bänker „kein Netz“ gehabt
hätten. Dann hätten die Brüsseler Spitzen leichtes Spiel gehabt mit
der WestLB, dem einstigen Schwergewicht unter den deutschen
Landesbanken. Obwohl – eigentlich wäre das ja auch schon egal
gewesen. Denn die Düsseldorfer Streithähne haben das Schicksal des
NRW-Bankenriesen ja auch so vertrauensvoll in die Hand des
EU-Kommissars Joaquín Almunia gelegt. Drei Varianten haben sie den
Wettbewerbshütern vorgelegt: Verkauf, Verkleinerung oder Verbundbank
für die Sparkassen. Frei nach dem Motto: Sucht euch was aus, wir
wissen es auch nicht. All jene auf deutscher Seite, die Verantwortung
übernehmen sollten – Politiker ebenso wie Banker -, haben eben diese
Verantwortung stattdessen an Brüssel abgeschoben. Sie liefern sich
ausgerechnet denen aus, deren Einmischung sie in der Vergangenheit
immer wieder nach Kräften gegeißelt haben. Dieses Verhalten ist
möglicherweise noch peinlicher als ein in allerletzter Minute nicht
funktionierendes Faxgerät. Kein Wunder, dass die EU-Wettbewerbshüter
verblüfft waren – kneifen sind sie von deutscher Seite bislang nicht
gewohnt. Und dabei stehen die WestLB-Verantwortlichen mit ihrer
Strategie keineswegs allein da. Auch andere Banker haben das
Wegducken für sich entdeckt. Zum Beispiel der vielgelobte
Chef-Bundesbanker Axel Weber, der Ende April das Feld räumen will.
Mr. Hartgeld, der Falke, der Beschützer des stabilen Euros. In den
Führungsgremien der Europäischen Zentralbank habe er sich mit seiner
Position isoliert gefühlt, weil er seine Vorstellungen von der aus
seiner Sicht richtigen Währungspolitik nicht habe durchsetzen können.
Diese Begründung hat er nachgeschoben, einige Tage nach seiner
Rücktrittsankündigung. Durch diese Verspätung ist sie verpufft. Hätte
er sich sofort und deutlich positioniert, wäre sein Verzicht ein
Signal gewesen – so aber wirkt sie wie ein Kneifen. Der oberste
Bundesbänker hätte kämpfen können, seine Position bei der
Europäischen Zentralbank weiter bekräftigen können. Stattdessen hat
er offenbar das eigene Vertrauen in die Überzeugungskraft seine guten
Argumente verloren. So allerdings vermitteln die Landes- und
Bundesbänker ein Bild der Verzagtheit. Und das ist mit Sicherheit
nicht die Basis, von der aus ein neuer deutscher Kandidat den Sprung
an die Spitze der europäischen Zentralbank schaffen könnte. Einen
positiven Nebeneffekt haben die unfreiwilligen Personalrochaden an
Deutschlands Bankenspitze immerhin: Die Bundesbank wird sich mit Jens
Weidmann (42) an der Spitze deutlich verjüngen. Und mit Sabine
Lautenschläger (46), die von der Bankenaufsicht kommt, wird die Bank
weiblicher. Diese Veränderung bringt uns voran: Denn Frauen kneifen
bekanntlich nicht. Jedenfalls nicht im übertragenen Sinne.
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