Ein Vorwurf gegen die Bundesregierung lässt sich
nur noch schwer aufrechterhalten: dass sie angesichts der
Ausspähaffäre untätig in der Ecke sitzt. Dafür, dass erst wochenlang
überhaupt nichts geschah, passiert jetzt erstaunlich viel: Auf
EU-Ebene soll auf einmal der Datenschutz verschärft werden. Mit den
USA wird in diesem Monat noch über ein gegenseitiges
Anti-Spionage-Abkommen verhandelt. Und der US-amerikanische
Geheimdienst NSA hat mündlich und schriftlich versichert, sich auf
deutschem Boden an deutsches Recht zu halten und deutsche Bürger
nicht flächendeckend auszuspionieren. Und die Bundesregierung will
sogar dafür eintreten, dass die Rechte des Parlamentarischen
Kontrollgremiums erweitert werden. Dieser überraschende Tatendrang
speist sich vermutlich weniger aus eigener Einsicht als aus der
Sorge, dass dem Thema vorsorglich die mobilisierende Wirkung im
Wahlkampf genommen werden soll. Nachdem Merkel und Co. die Spähaffäre
zunächst nicht ernst genommen hatten, sind sie nun besonders eifrig.
Da kommt Schwarz-Gelb der Umstand entgegen, dass neuerdings auch
US-Präsident Barack Obama mehr Transparenz und Kontrolle angesichts
der Datensammelwut des Geheimdienstes NSA einfordert. Die Opposition
kann sich ans Revers heften, durch ihre lautstarken Proteste die
Bundesregierung zum Aufklärungswillen gedrängt zu haben. Doch für die
Opposition kommt allmählich auch der Zeitpunkt, wo sie zugeben muss,
dass sich einiges in die richtige Richtung bewegt. Denn Behauptungen,
deutsche Bürger würden „flächendeckend“ und „lückenlos“ ausgespäht
und womöglich mit Billigung der Bundesregierung „totalüberwacht“,
sind trotz aller offenen Fragen, die zweifellos noch existieren,
nicht belegbar. Auch durch häufiges Wiederholen werden sie nicht
plausibler.
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