Über Deutschland lacht die Sonne, über Berlin
lacht Deutschland – und die internationale Flugbranche. Jedenfalls
wenn es nicht so peinlich und vor allem nicht so teuer wäre. Der Bau
des neuen Hauptstadtflughafens, so viel ist sicher, mündet in ein
Desaster. Um 1,7 Milliarden Euro sind die Kosten für das Großprojekt
auf mehr als vier Milliarden Euro angewachsen, ein Ende ist nicht in
Sicht. Ähnlich ist es beim Mega-Neubau der neuen Zentrale des
Bundesnachrichtendienstes. Erst verschwanden geheime Bauunterlagen,
und dann explodierten auch bei diesem Vorhaben die Kosten. Es ist
auffällig, dass solche Projekte besonders oft aus dem Ruder laufen,
wenn die öffentliche Hand baut. Denn auch die Elbphilharmonie in
Hamburg gerät zum Finanz- und Managementskandal. Dem Stadtarchiv in
Köln – einst in der Baugrube der U-Bahn (öffentlicher Bau)
verschwunden – droht ein ähnliches Schicksal. Und in Bielefeld stellt
die Verwaltung nach Beginn der Bauarbeiten für das technische Rathaus
plötzlich fest, dass Platz für das gesamte Umweltamt mit etwa 100
Arbeitsplätzen fehlt. Zuvor war schon die Baugenehmigung umstritten
und von einem Anlieger erfolgreich beklagt worden. In der Gemengelage
von Politik und Verwaltung wuchert bei Bauvorhaben überall
Dilettantismus. Oder werden privatwirtschaftliche Skandale nur
weniger bekannt? Oder werden moderne Projekte automatisch so groß,
dass effektive Planung und Kontrolle nicht möglich sind? Deshalb auf
sie verzichten? Unsinn. Was wäre die Skyline Sydneys ohne die Oper?
Und auch in Hamburg ist die Skandalphilharmonie schon heute
faszinierender Hingucker. Politiker sind keine Experten für
Großbauten, keine Bauingenieure, keine Projektmanager oder
Fachjuristen. Müssen sie auch nicht sein. Dafür haben sie die
Verwaltungen. Doch dort fehlt es ebenfalls an Fachleuten. Die
thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht bemerkt, dass
die Beamten den Profis der Privatwirtschaft nicht gewachsen sind. Als
Antwort schlägt sie eine Eliteschule für Beamte vor. Guter Ansatz,
aber die erfolgreichsten und besten Absolventen gingen bald in die
Privatwirtschaft, weil dort besser bezahlt wird. Diesen
Preiswettbewerb kann und darf die öffentliche Hand nicht aufnehmen.
Die private Großbauwirtschaft steigt in jedes Projekt mit
Billigangeboten ein und verhandelt dann genauso unverschämt und
dreist wie hartnäckig nach. Wenn es zu spät ist zum Aussteigen. Die
Bedingungen sind neu zu regeln. Angebote müssen verbindlicher, später
nachgeschobene Wünsche der Bauherren vor dem Beschluss verlässlich
bepreist sein, eine externe Kontrolle und Bauaufsicht vorgeschrieben
werden, so dass stets eine neutrale Stelle zur Überprüfung der
Streitigkeiten existiert. Außerdem muss eine stärkere
Verantwortlichkeit verankert sein. Fehlerhaftes Handeln, Versagen und
Gleichgültigkeit bleiben in der öffentlichen Verwaltung eher ohne
Folgen als in der Privatwirtschaft. Und da dort immer mit eigenem
Geld, nicht mit dem anderer Menschen (Steuerzahler) gearbeitet wird,
ist dort auch die Aufmerksamkeit größer.
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