Alles ist gut bei der Deutschen Bahn (DB).
Jedenfalls wenn man die Geschäftszahlen des weltweit rund 300.000
Mitarbeiter zählenden Transport- und Logistikunternehmens betrachtet.
2012 nutzten 1,97 Milliarden Fahrgäste den Schienenverkehr der DB –
so viele wie nie zuvor. Auch Umsatz und gewinn steigerte das
Unternehmen. Ein Trend, der sich dieses Jahr zunächst fortsetzte.
Aufbruchstimmung stellte sich zudem bei den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern ein, als Bahnchef Rüdiger Grube im Vorjahr die Ziele der
Strategie „2020“ verkündete. Die Deutsche Bahn wolle bis 2020 zu den
zehn beliebtesten deutschen Arbeitgebern gehören, die
Kundenzufriedenheit steigern und nachhaltig wirtschaften, hieß es.
„Wir können alles vergessen, wenn wir nicht in Deutschland eine
exzellente Leistung bringen“, schrieb Grube der Belegschaft ins
Stammbuch. Und dann dies: Das Eisenbahnbundesamt schickt dem
Transportriesen einen Blauen Brief, in dem es die DB an ihre
gesetzlichen Pflichten erinnert. Die Bahn müsse den uneingeschränkten
Betrieb des Mainzer Stellwerks unverzüglich wieder aufnehmen,
anderenfalls drohe ein Zwangsgeld von 250.000 Euro. Krankheits- und
urlaubsbedingte Ausfälle hatten dazu geführt, dass der Zugverkehr im
Hauptbahnhof der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz zu großen
Teilen lahmgelegt wurde. Die DB machte gar nicht erst den ernsthaften
Versuch, dieses Debakel schönzureden oder – wie bei den Themen
Pünktlichkeit, mangelhafter Service oder nicht funktionstüchtige
Klimaanlagen – dies als Einzelfall abzutun. Schnell räumte das
Management flächendeckende Personalprobleme ein und kündigte an, man
wolle die Ausstattung mit Mitarbeitern auf den Prüfstand stellen.
Mainz ist eben überall. Die DB will die Mitarbeiter, die an der Basis
im Übrigen hervorragende Arbeit leisten, an der Bestandsaufnah-me
beteiligen. 400 DB-Tochtergesellschaften nehmen teil. Der Eindruck
drängt sich auf, dass die Entscheidungswege im Großkonzern viel zu
lang sind. Grube selbst hatte für den Bereich der Tarifstruktur das
Wort „Entdschungeln“ geprägt. Dies könnte auch auf den DB-Konzern
Anwendung finden. Dieser muss schlanker und kommunikativer werden, um
Debakel wie in Mainz vermeiden zu können. Die Politik als
Kontrollinstanz dieses Staatsbetriebes hätte die Entwicklung im
Übrigen vorhersehen können. Wie sagte doch der neue
Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber bereits Mitte 2011: Die DB
entwickele sich „von einer Rationalisierungs- zu einer
Rekrutierungsorganisation“. Im Klartext: Die Pläne der Vergangenheit,
die Bahn an die Börse zu bringen, haben dazu geführt, dass die Bahn
kaputtgespart wurde. Jetzt müssen schleunigst Milliarden Euro bewegt
werden, um diesen wichtigen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge
wieder auf ein technisches und personelles Niveau zu bringen, das den
Anforderungen eines führenden Industrielands entspricht. Und der
Börsengang muss endgültig ad acta gelegt werden.
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