Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Restriktive Leistungspolitik der Krankenkassen Gefährlicher Kurs MATTHIAS BUNGEROTH

Das Gesundheitswesen in Deutschland ist ein
Leistungssystem, das auf Vertrauen basiert. Wenn ein studierter
Mediziner (oder eine Medizinerin) ein Rezept oder eine
Krankschreibung ausstellt, muss sich die Krankenkasse, die für große
Teile der daraus entstehenden Kosten aufkommt, darauf verlassen
können, dass solche Gutachten fachlich einwandfrei sind. Doch
offenbar ist das nicht der Fall. Misstrauen herrscht – aus
Kostengründen. Wenn nahezu jedes fünfte ärztliche Gutachten durch die
Experten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen grundsätzlich
in Zweifel gezogen wird, ist das eindeutig zuviel. Der Leidtragende
ist am Ende der, der im Vertrauen auf die Funktionstüchtigkeit des
Gesundheitswesen davon ausgegangen ist, dass ihm legitime Leistungen
auch gewährt werden: der Patient (oder die Patientin). Wenn nun die
der Krankenkassen nahestehenden Experten behaupten, all dies sei
nicht so wild, der verkennt bewusst, welche Schicksale hinter diesen
Entscheidungen stehen. Hunderttausende Versicherte schauen in die
Röhre, wenn es darum geht, Leistungen einzufordern, die aufgrund
medizinischer Indikation angemessen sein sollten. Es wird nicht viele
Betroffene geben, die in solchen Situationen noch die Kraft
aufbringen, notfalls vor Gericht die Gewährung eine solchen Leistung
zu erstreiten. Fatal wäre es, wenn die Krankenkassen den Eindruck im
Raum stehen ließen, dass dieser Effekt möglicherweise nicht
unbeabsichtigt ist. Dass vor diesem Hintergrund die Kritik am
Finanzgebaren der Krankenkassen selbst wieder lauter wird, ist
nachvollziehbar. In den Verwaltungen der Kassen wird viel Geld
ausgegeben, dessen Verwendung nicht so akribisch überwacht wird wie
die ärztlichen Gutachten, die Versicherte bei ihren Kassen
einreichen. Der Dienstleistungsaspekt muss künftig wieder an erster
Stelle stehen.

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