Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Rettungspaket für Zypern Chaotische Schröpfungsgeschichte KNUT PRIES, BRÜSSEL

Keiner der Beteiligten hat sich nach dem
neuerlichen Brüsseler Kraftakt dabei ertappen lassen, den kapitalen
Fehler beim ersten Versuch eines Rettungspakets für Zypern zuzugeben.
Dabei ist das die strahlendste Errungenschaft der nachgebesserten
Version: Sie  beseitigt ein Problem, das die Euro-Manager, mit dem
zyprischen Präsidenten als Mittäter, im ersten Anlauf überhaupt erst
geschaffen hatten. Der Griff nach den Konten der Kleinsparer wird
zurückgezogen. Eurogruppenchef Dijsselbloem gehört zwar auch zu
denen, die sich um das fällige Schuldeingeständnis drücken. Recht hat
er trotzdem: „Wir haben jetzt eine bessere Lösung, aber unter
verschlechterten Umständen.“ Das zweite Kapitel dieser chaotischen
Schröpfungsgeschichte ist besser als das erste, weil die jetzt
gefundene Lösung da ansetzt, wo der Kern des Problems steckt. Es ging
eben nicht nur darum, dass Zypern – egal, wie – einen substanziellen
Teil der Summe selbst aufbringt, die zur Sanierung seines
Bankenwesens vonnöten ist. Es ging zunächst einmal darum, dass dieser
Bankensektor aufhört, Kasino zu sein, und stattdessen in der Lage
ist, seine vordringliche Aufgabe zu erfüllen: Geld für eine
funktionierende Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Dahin ist es
indes noch ein langer Weg. Vertrauen ist schnell zerstört, wird aber
nur langsam wieder aufgebaut. Das Misstrauen reicht über Zypern
hinaus, dass die Krisenmanager, wenn es duster wird in Brüssel und
der Eurozone, vor nichts und niemand haltmachen. Es kommt hinzu, dass
jenseits des Schonbereichs der Kleinsparer bis auf weiteres unklar
ist, wie groß die Verluste der Anleger und Einleger tatsächlich sein
werden. Fazit: Der unmittelbar bevorstehende Untergang ist
abgewendet, der Überlebenskampf aber geht weiter – für die kleine
Mittelmeerinsel wie für die große Eurozone.  

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