Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Spekulationen über Papstnachfolger Nicht Namen, sondern Ideen BERNHARD HÄNEL

Noch ist der Papst im Amt, da sprießen die
Spekulationen über seinen Nachfolger schon ins Kraut. Namen werden
genannt und verheizt, statt sich Gedanken darüber zu machen, welche
Richtung die irdische Pilgerschar der katholischen Christenheit
künftig einschlagen könnte. Die katholische Kirche ist mit über 1,2
Milliarden Gläubigen ein Global Player. Zwei Drittel von ihnen leben
in der südlichen Hemisphäre, in Lateinamerika, Afrika, Indien und der
südostasiatischen Inselwelt. Überall dort wächst die Kirche, während
sie nicht nur in Deutschland stetig schrumpft. Sie wächst, weil dort
die frohe Botschaft noch als Hoffnung auf Befreiung verstanden wird.
Die Querelen der Kirchengeschichte der letzten 2.000 Jahre werden
dort als marginal empfunden. Entsprechend groß ist die Hoffnung, dass
die katholische Kirche vor einer Zeitenwende steht. Die Zeit ist reif
für einen römischen Bischof, der die universelle Kirche im 21.
Jahrhundert widerspiegelt und repräsentiert. Aktuell irrelevant sind
die Probleme der Ökumene oder des großen Schismas mit der orthodoxen
Kirche. Weit virulenter sind die Auseinandersetzungen mit den
Evangelikalen in Südamerika oder die Christenverfolgung in Afrika und
Teilen Südostasiens. Dort geht es um die Herausforderungen des
Islams. Brückenbauer sind gesucht, die mit ihrer Persönlichkeit für
einen authentischen katholischen Glauben stehen. Notwendig ist ein
politischer Dialog mit dem Islam. Dabei muss es darum gehen, die
gemeinsame Friedensethik beider Religionen herauszufinden und zu
vertiefen. Um des Weltfriedens willen darf nicht länger das Trennende
betont, sondern das Verbindende muss gesucht werden. Ansätze dazu
gibt es bereits, die auch im Vatikan geprüft werden. Männern der
Kirche in Afrika werden große Sympathien mit dem Konzept eines
Dialogs über einen Weltethos nachgesagt.

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