Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Verhandlungen um den Fiskalpakt Frische Luft ist nötig ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Schwarz-Gelb hat die Verhandlungen mit der
Opposition über die Euro-Rettung nicht bewusst geplant. Die Gespräche
sind nötig geworden, weil der Fiskalpakt eine Änderung des
Grundgesetzes und somit eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und
Bundesrat erfordert. Was sich also fast zufällig ergeben hat, erweist
sich als Glücksfall. Denn das Ringen um den richtigen Weg wird nun
durch neue Ideen bereichert. Anders als die Linke, die sich wie so
oft auf ein kärgliches „Nicht mit uns“ zurückzieht, liefern SPD und
Grüne konstruktive Vorschläge. Gezielte Investitionsprogramme gegen
die Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenstaaten, ein Schnellverfahren
bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer, vielleicht sogar
ein Schuldentilgungsfonds: Auf einmal scheint vieles möglich. Es ist
so, als habe jemand ein Fenster geöffnet. Frische Luft ist dringend
nötig. Angela Merkels Krisenmanagement hat zwar bislang Deutschland
vor größeren Verwerfungen bewahrt, aber die Kanzlerin hat das Problem
nicht in den Griff bekommen. Die Eurokrise zieht immer größere
Kreise. Jüngstes Beispiel ist der Zusammenbruch des spanischen
Bankensektors. Der deutsche Ruf nach Haushaltsdisziplin und
Strukturreformen ist wichtig. Aber er allein löst die Krise nicht.
Merkel hat zwar recht, dass es das eine Allheilmittel nicht gibt und
auch niemals geben wird. Aber der Instrumentenkasten bedarf trotzdem
einer Erweiterung. Auch in Deutschland gab es während der Finanzkrise
2008 nicht nur die Milliarden-Euro-Infusion für die Pleitebanken,
sondern auch Konjunkturpakete mit Investitionsspritzen und Programme
wie die Abwrackprämie zur Ankurbelung des Wachstums. Damals ging die
Regierung vielschichtig und erfindungsreich vor. Mehr Phantasie ist
auch jetzt wieder gefragt. Es geht schließlich um die Zukunft der
Europäischen Union.

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