Neue Westfälische (Bielefeld): Krawalle in England Randale trifft Shopping JOCHEN WITTMANN, LONDON

Als ein Spezialkommando der Londoner Polizei am
vergangenen Donnerstag Mark Duggan erschoss, hätte niemand ahnen
können, in welchem Chaos das Land sich kaum eine Woche später
befinden würde. Duggans Tod war der Auslöser für eine Demonstration
im Londoner Stadtteil Tottenham, die schnell in wüsten Krawall
ausartete. Seitdem will das Land nicht mehr zur Ruhe kommen. Schnell
wird sich dieser Flächenbrand nicht löschen lassen. Nach dem Tod von
Mark Duggan, einem 29-jährigen Schwarzen, werfen die Randalierer
Scotland Yard „institutionalisierten Rassismus“ vor. Doch was sich in
den letzten Nächten auf Londons Straßen abspielte waren keine
Rassenunruhen alten Stils, in denen sich sozial benachteiligte
Jugendliche mit der Polizei prügelten, weil sie sich gegen Rassismus
und Chancenlosigkeit wehrten. Sozial benachteiligt mögen viele von
ihnen immer noch sein, aber diesmal geht es den Randalierern nicht um
den Kampf gegen eine ungerechte Gesellschaft. Ihre Motive sind
eigennütziger. Zum einen ist da das Phänomen des sogenannten
„recreational rioting“ des Spaß-Krawalls. Zum anderen, dass
demonstrieren die regelmäßigen Bilder von Plünderungen, geht es den
zumeist jugendlichen Krawallmachern schlicht um persönliche
Bereicherung. Randale trifft Shopping – auf diese Fomel ließe sich
das Ganze bringen. Das bedeutet eine neue und beunruhigende Qualität
im Verhältnis zwischen der Unterklasse und dem Rest der Gesellschaft,
weil es zeigt wie weit sich die Jugendgangs von sozialen Normen
entfernt haben und wie gewaltbereit sie sind. Und richtig gefährlich
wird es, wenn zu Diebstahl und Plünderei auch noch Brandstiftung
hinzukommt. Was zur Zeit in Großbritannien passiert, kann man getrost
als die Herrschaft des Mobs bezeichnen.

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