Aus der monatelangen Auseinandersetzung um eine
weitere Portion Griechenlandhilfe ist die deutsche Politik mit
schweren Blessuren hervorgegangen. Der erlittene Rufschaden
beschränkte sich nicht auf die Griechen. Auch bei anderen Partnern
und in der Brüsseler EU-Zentrale schüttelte man den Kopf, wie die
Karikatur des selbstgerechten germanischen Zuchtmeisters zu neuem
Leben erwacht schien. Da war er doch wieder, der hässliche Deutsche –
engstirnig, besserwisserisch, knauserig. Und sah aus wie Wolfgang
Schäuble. Dies – überzeichnete, aber nicht gänzlich unbegründete –
Bild von Dunkeldeutschland hat sich zuletzt in der Flüchtlingskrise
aufgehellt. Weil die Bundesrepublik erkennbar einen großen Teil der
Last schultert, weil ihre Forderung nach fairer Verteilung und einer
gesamteuropäischen Lösung des Problems daher recht und billig
erscheint. Dafür gibt es Beifall von allen Seiten. „Ein Akt
europäischer Solidarität“, lobte die Brüsseler Kommission. Die findet
ansonsten unter dem selbstbewussten Präsidenten Juncker an der
Berliner Europapolitik manches auszusetzen. In Sachen
Flüchtlingspolitik ist die Kommission hingegen dankbar, dass die
Deutschen sich hinter den Juncker-Vorschlag gestellt haben, die
Schutzsuchenden nach einem verbindlichen Schlüssel auf die
Mitgliedsstaaten zu verteilen. So gab es in dieser Woche aus Brüssel
auch ausdrückliche Anerkennung für das deutsch-französische
Bekenntnis zum Schulterschluss und zu einer gesamteuropäischen
Anstrengung in der Flüchtlingsfrage. Der Menschenrechtskommissar des
Europarats hat ebenfalls der Hoffnung Ausdruck gegeben, das deutsche
Beispiel werde Schule machen. Und jenseits der EU-Grenzen ließ
US-Präsident Obama nach einem Telefonat mit der Bundeskanzlerin
mitteilen, welch anerkennende Worte er für Merkels Rolle in der
schwierigen Migrationsangelegenheit gefunden habe. Beim Thema
Griechenland war die Bundesregierung noch Zielscheibe ständiger
kritischer Vorhaltungen aus Washington gewesen. Natürlich ist den
Partnern die andere, die dunkelbraune Seite der Medaille nicht
verborgen geblieben: Pegida-Bewegung, Anschläge in Serie auf
Unterkünfte für Asylbewerber, geifernder Hass gegen „die
Volksverräter“ Merkel und Gabriel, die ihre Landsleute zu Anstand und
Mitmenschlichkeit ermahnen. Doch mit Rechtsextremismus und
Fremdenhass haben halt auch die anderen zu tun. Und diesmal stehen
die Deutschen nicht im Verdacht, handfeste Eigeninteressen lediglich
europäisch zu bemänteln. Als das Dublin-Prinzip – für Flüchtlinge ist
in der EU das Ankunftsland zuständig – vereinbart wurde, war das noch
anders. Die bei uns dieses Jahr erwartete Zahl von 800.000
Asylbewerbern wird in den EU-Hauptstädten mit Respekt vermerkt. Ob
die Imageaufhellung mehr ist als ein kleines Zwischenhoch, muss sich
noch zeigen. In Verbindung mit dem enormen Druck des Problems selbst
erhöht sie jedenfalls Berlins Chancen, die Partner – einschließlich
der 18 bislang komplett sich wegduckenden EU-Länder – in der Krise zu
energischeren Anstrengungen zu veranlassen.
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