Als letzte Warnung wird gewöhnlich die Vorstellung
sozialer Unruhen bemüht. Wer nicht wolle, dass die Gesellschaft
zerreißt, solle darauf achten, dass sie nicht zu weit
auseinanderdriftet. Auch der Regierungsbericht zu Armut und Reichtum
und die Auskunft der Bundesregierung über das sprunghafte Wachstum
der Altersarmut haben diese Warnung wieder laut werden lassen. Doch
wer allein die Revolution fürchtet, hat keinen Grund zu großer Sorge.
Auch Sozialpolitiker in den Regierungsreihen, wenn die
Funktionsbeschreibung denn zutrifft, sind unbesorgt. Einen Grund für
soziale Unruhe können sie nicht erkennen. Die Arbeitslosigkeit sei
gesunken, die Dauer der Hartz-IV-Biografien nehme ab, alles laufe
genauso, wie es gedacht war. Mehr oder weniger deutlich klangen die
Worte der Koalitionäre, die ein Blick auf die Statistik weder
beunruhigt, wenn sie ihn auf die untere Hälfte der Gesellschaft
richten, noch beschämt, wenn sie die superreichen zehn Prozent
betrachten, die über 53 Prozent des privaten Vermögens verfügen. Wer
angesichts zunehmender Armut nicht von sozialer Unruhe erfasst wird,
kann auch ruhigen Gewissens Forderungen nach einer Vermögensabgabe
oder einer Vermögensteuer abwehren. Und die bedrückende Gegenwarnung
der Koalitionäre lautet, dass Vermögende aus Deutschland abwandern
könnten. Eine Unruhe also ist es doch, die sie fürchten – die
Reiselust der Reichen. Da sollte man vielleicht rasch über eine
Reisesteuer nachdenken.
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