neues deutschland: Die LINKE und Niedersachsen: Im Parterre

Großprojekte, das wissen wir aus leidvoller
Erfahrung, haben ihre Tücken. Sie brauchen mehr Zeit als gedacht;
kosten mehr Geld als veranschlagt; und irgendwann entwickeln sie ein
Eigenleben, das vor allem aus Trotz gegen jegliche Planung zu
bestehen scheint. Die Linkspartei macht diese Erfahrung gerade
wieder. Eine Partei unter den Bedingungen gnadenloser Konkurrenz zu
einer festen Größe in der Bundespolitik zu entwickeln, sie so weit zu
etablieren, dass selbst Skeptiker sie als dazugehörig akzeptieren –
das ist ein wahres Großprojekt. An ihm arbeitet die LINKE, vormals
PDS, seit gut 20 Jahren. Mit tendenziell leicht wachsendem,
gleichwohl wechselhaftem Erfolg. Der Ostflügel ist inzwischen
leidlich saniert. Im Westflügel dagegen mehren sich nach zügigem
Baufortschritt die Problemfälle. Nach Schleswig-Holstein und
Nordrhein-Westfalen hat die LINKE nun schon die dritte
Landtagsfraktion in Folge verloren. Das Haus der Partei wird von
unten gebaut, umschrieben die Genossen in den 1990er gern die Mühen
des Aufbaus West. Architektonisch eine Binsenweisheit, politisch ein
Hinweis darauf, dass eine Konstruktion ohne solide Basis nicht viel
taugt. Im Jahr 23 der Einheit, im Jahr sechs ihrer Existenz steckt
die LINKE West immer noch im Erdgeschoss. Die Bundestagswahl bietet
die Chance, tragende Wände zu stabilisieren. Die mühselige
Kleinarbeit vor Ort kann sie nicht ersetzen. So lange ihre Basis
nicht stark genug ist, werden Landesverbände von bundespolitischen
Schwankungen abhängig sein – auch auf die Gefahr des Scheiterns.

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