neues deutschland: Grausames Kalkül – Kommentar zum Amoklauf in Newtown, USA

Leben wir in einer Welt der ewigen Wiederkehr des
Gleichen, wie sie Friedrich Nietzsche beschrieb? Eines Gleichen, das
gleichwohl stets schlimmer wird? Mit dem Namen Newtown ist fortan die
Erinnerung an das schrecklichste Schulmassaker der
US-Nachkriegsgeschichte verbunden – bis zum nächsten, noch
schrecklicheren? Verstreicht bis dahin genügend Zeit, ist die Debatte
um die Ursachen lange verebbt. Werteverfall, Egoismus, Vereinzelung,
Gewaltverherrlichung, soziale Kälte, psychische Verrohung. Die
bekannten Ingredienzen werden das Unerklärliche auch diesmal nicht
befriedigend erklären. Doch selbst, wenn Tatanalyse und Motivsuche
erfolgreich sein sollten – es wird weiterhin Menschen geben, die
entschlossen sind, ihrem Leben mit der Vernichtung anderer Leben
einen makabren Höhe- und meist auch Endpunkt zu setzen. Fatalerweise
stehen solchen Menschen, namentlich in den USA, immer wieder die
wirksamsten Werkzeuge für ihren Vernichtungswahn zur Verfügung:
Schusswaffen. Befürworter schärferer Waffengesetze sehen nach Newtown
Hoffnung für ihre Forderungen. Das Wort Hoffnung mag in diesem
Kontext gespenstisch klingen. Wahrhaft gespenstisch sind indes
Versuche seitens der US-Waffenlobby, das Waffenverbot an Schulen zu
kippen: Dann könnten Lehrer (und Schüler?) nämlich zurückschießen.
»Grausamkeit empört, Dummheit entmutigt«, schrieb Albert Camus.
Leider ist es nicht nur Dummheit, sondern Kalkül, grausames Kalkül.

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