Der 1. September 1939, der Beginn des Zweiten
Weltkrieges, markiere „nicht ein beliebiges Kriegs- und
Schlachtendatum“, betont der Hamburger Historiker Hannes Heer im
Gespräch mit „neues deutschland“. Mit dem Überfall Hitlerdeutschlands
auf Polen vor 80 Jahren sei „eine neue Form von Krieg“ geführt
worden, „ein Eroberungs- und Vernichtungskrieg. Dabei ging es darum,
Staaten zu zerschlagen und deren Bevölkerungen zu versklaven oder zu
ermorden.“ Untrennbar seien mit diesem Krieg „aggressive, expansive
und rassistische Ziele“ verbunden gewesen.
Heer, der die Wanderausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der
Wehrmacht 1941 bis 1944″ mitgestaltet hatte, die 1995 bis 1999 in 34
Städten zu sehen war, registriert derzeit eine Rückkehr des Mythos
von der „sauberen Wehrmacht“ in der Bundesrepublik, die er selbst
„nie für möglich gehalten hätte“. Dies konstatiert er vor allem für
die AfD und ihr Umfeld.
Der von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
2018 verabschiedete neue Traditionserlass ist nach Heers Auffassung
„das schlimmste, weil dümmste Dokument in der langen Reihe der
Traditionserlasse“. Der „traurige Höhepunkt“ dieses Erlasses sei die
Feststellung, die Wehrmacht sei eine Gefangene gewesen – sie habe
„dem nationalsozialistischen Unrechtssystem“ gedient und sich bei
dieser Gelegenheit „schuldhaft verstrickt“. „Das bedeutet eine
Rückkehr in die geschichtsblinden 50er Jahre und eine bewusste
Negierung aller Erkenntnisse der internationalen
Geschichtswissenschaft. Wer die Wehrmacht zum Opfer der Verhältnisse
und zu einem gefesselten Subjekt stilisiert, betreibt
Geschichtsrevisionismus“, kommentiert der Historiker im „nd“.
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